Bautzen war Stopp Nummer 1 auf unserer Reise. Und ganz ehrlich: Bautzen bei Tageslicht kann ja jeder… Ja, ok, ich hätte eigentlich vielleicht doch etwas von der Stadt in der Sonne sehen wollen, zumal es heute den ganzen Tag echt traumhaftes Spätsommerwetter bei um die 30 Grad war. Aber wir wollten lieber im Auto sitzen…
Nee, nicht wirklich, aber wir haben es so gewollt. Denn dieses Jahr fahren wir mit dem Auto in den Urlaub. So viel ist mein kleiner Benz all die letzten paar Jahre nicht getuckelt, aber er macht sich gut und freut sich, dass er mal rauskommt. Wie ihr sicher gemerkt habt, Bautzen und so, es geht gen Osten.
Angefangen hat alles heute Morgen, zur humanen 9. Stunde. Die erste Frühstückspause, zwecks Tanken, gab’s kurz vor Böblingen, in einer neuen Bäckerei, mit echt lecker Sachen. Und dann sind wir schön in der Sommersonne durch die grünen Lande auf den grauen Asphaltstrassen getingelt. Inklusive Ferienrückverkehr nach Baden-Württemberg und Bayern, heißt, 3 Staus, Mittagspause nachmittags halb 4 und einer fröhlichen Stauumfahrung durch die Pampa der sächsischen Mitte. Als rund um Dresden.



Oh wie hab ich mich gefreut, endlich wieder durch die kurvigen, engen, holprigen Dorfstraßen im Osten zu eiern, vorbei an den kleinen zweistöckigen Häuschen im matschbraunen Putz mit den kleinen, grünen und bunt blühenden Vorgärten und niedlichen, sauber lackierten Holzlatten-Zäunen, die das Grundstück vom Kiessand-Fußweg abtrennen. Wie hab ich mich gefreut, als wir durch ein Dörfchen mit restaurierten und renovierten Häusern aus dem 18. Jahrhundert gefahren sind, die sich eng an die Straße schmiegten, wie Zuschauer, die sich beim Autorennen an die Straßenseite quetschen, um ja den besten Blick zu erhaschen. Und wie hab ich mich an meine Kindheitstage erinnert gefühlt, als ich in Nossa das Schloss erkannt hab, an dem ich mit meinen Eltern oft vorbei gekommen bin (waren wir da auch drin? Bestimmt, oder?)

Aber einer der schönsten Momente auf der Fahrt heute war, als wir nach Meißen gekommen sind. Die dunklen Türme des Fraumünsters haben wir schon von Weitem gesehen, aber je näher wir kamen, desto imposanter wurde der neugotische Bau mit seiner filigranen Architektur. War schon krass. Vor allem, weil die Kirche in der langsam untergehenden Sonne leicht orange schimmerte. Als wir die dunkelblaue, glitzernde Elbe überquerten, erhob sich der fast schwarze Fraumünster majestätisch vor dem orangerosagoldenen Himmel über den kleinen, engen, bunten Bauten der Altstadt. Dahinter strahlte die untergehende Sonne. Es war einfach ein traumhafter Anblick, den ich so schnell nicht vergessen werde.
Danach ging die Stauumgehung durch irgendwelche Schleichwege, die zwar geteert waren, aber mehr auch nicht. Das war zum Teil sehr wackelig im Auto. Da war auf einer Seite Wald, auf der anderen Seite verwunschene Schrebergärten im Grünen. Oder altes Industriegelände. Teilweise war ich schon skeptisch, ob wir wirklich wieder auf der Autobahn landen. Aber mein Freund vertraute dem Navi und das hat sich nicht geirrt.
Als wir dann in Bautzen in unsere Villa Rosarot eingecheckt haben, war die Sonne schon untergegangen, die letzten Strahlen erhellten die Stadt und der Mond zog langsam auf. Wir waren 9 Stunden und an die 830 km unterwegs. Mein Popo tat weh vom Sitzen und ich war froh, dass wir endlich da waren und auch was Essen gehen konnten. Unser Hotel, Villa Antonia, lag keine 10 Fußminuten vom Zentrum weg.

In der Straße stand eine fette Villa aus der Jahrhundertwende um 1900 mit schickem Garten und so. Auch die Häuser in den Straßen zum Zentrum waren alle restauriert und hergerichtet, in frischen bunten Farben. Es wirkte alles freundlich und fast einladen. Ja, fast: Es war nicht mal 8 Uhr und die Straßen waren leer gefegt als wäre es Mitternacht. Da waren nur ein paar Leute am Kino unterwegs. Als wir dann am Anfang des Zentrums waren, am Archäologischen Museum, war da mal kurz die Hölle los: zig Jugendliche und bestimmt 6 Polizeibusschen, als wäre eine Demo oder so was angesagt. In meinem Bauch wuchs ein ungutes Gefühl ran, aber Lukas machte sich keinen Kopf. Mein Knoten im Bauch wurde größer, als wir in der Stadt halb leere Restaurants und echt wenig Leute für eine so schöne, laue Sommernacht gesehen haben. In jeder anderen Stadt hätte man das Gebrabbel und Lachen von Leuten gehabt, die den warmen Abend mit einem Bierchen fröhlichen ausklingen ließen. Aber hier war alles leise, man murmelte fast vorsichtig in den Biergärtchen vor den Kneipen, als wolle man keinen stören. Und die Gruppe Typen mit Schutzwesten, auf denen eine 125 eingestickt war, und die anderen Polizisten machten das mit meinem Knoten auch nicht besser. Ich glaub, die meisten von den wenigen Leuten, die wir in den wirklich schön hergerichteten Straßen gesehen haben, waren Touristen. Und ich glaube auch, dass Bautzen tagsüber eine echt niedliche Stadt mit Weimar-Charakter ist: Ruhig, mit Geschichte, voller Trubel, mit so Kleinstadtidylle.



Na, trotz den leeren Gassen half es alles nichts: Ich hatte Hunger. Es gab zur Auswahl einen Sorben oder einen Griechen. Weil es bei dem letzteren sehr laut von der Dachterrasse schallte, hat sich Lukas für den entschieden. Und es war kein Fehler: Boah war das lecker. Und damit es noch besser schmeckt, wurde uns immer wieder Ouzo nachgeschenkt… insgesamt eine halbe Flasche. Da wisst ihr, wie ich jetzt gleich schlafen werde… Morgen Früh ziehen wir weiter. Weiter gen Osten. Mehr dazu gibt’s im nächsten Beitrag. Jamas!
