Am nächsten Tag ging’s durch die gelbe, felsige Hügellandschaft vorbei an einer Art Tafelfelsen, weiter nach Fresno, wo im Visitor Center (ein alter Wasserturm nach Wormser Vorbild) ein älterer Herr uns erzählt hat, wie man am besten zum Sequoia und Kings Canyon National Park kommt. Der war richtig begeistert, auch von Deutschland, weil er eine holländische Frau hat, mit der er durch Deutschland und Österreich nach Holland gefahren ist. Abgesehen von dem echt coolen Wasserturm, mit einer kleinen Kunstausstellung, hat Fresno jetzt nicht so viel zu bieten. Ein kleines Civic Center, wo um die Mittagszeit echt viel los war, ein Baseballstadion, wo gerade ein Spiel stattfand, und ziemlich viele leere Einkaufsstraßen mit alten reich verzierten Hochhäusern aus den 1930ern? Oder noch früher. Aber die stehen alle leer oder werden nur noch selten genutzt.
Nach Fresno sind wir noch zu einem Outlet Center in Tulare gefahren, das nur ein Center von ewig vielen war, wie wir auf der Weiterfahrt gemerkt haben. Mitten in der eigentlich unansehnlichen Pampa, wo noch nicht mal ne Stadt war, reihte sich ein Restaurant von Fast-Food-Ketten ein in Supermärkte, Autohäuser, Bars, Discos… Das war irgendwie krass. Meilenweit ging das.
Sobald wir auf dem Highway in die Berge waren, waren wir wieder mitten auf dem Land: Wir fuhren durch Walnussfarmen durch, immer auf die schneebedeckten Berge zu. Die Walnusshaine wurden zu Zitronen- und Orangenfelder, aber was für welche. Endlos! Dazwischen fand man immer mal ein Häuschen oder eine Ranch, mit Straßenverkauf. Aber irgendwie hörten die Felder erst auf, als es wieder hügeliger wurde. Dann kamen Olivenhaine, die später wieder zu Rinderweiden wurden, gelb mit vielen vereinzelten, knochigen Bäumen, immer mal durchbrochen von einzelnen Ranchen mit schicken Farmhäusern. Die Straße wurde immer kurviger und enger und schraubte sich in kleinen Serpentinen die waldigen Hügel rauf. Dafür war der Ausblick durch die einzelnen Baumlücken einfach atemberaubend.
Eigentlichen wollten wir uns in Pinehurst eine Übernachtungsmöglichkeit suchen, aber bei einer Population von 360 Mann, vielleicht 10 Häusern/ Einfahrten an der Hauptstraße und der einzigen Möglichkeit von Cabins in der Pinehurst Lodge / Bar / Ortsrestaurant / Store sind wir dann weiter in den Kings Canyon National Park gefahren, wo uns ein älteres Pärchen vor unserer Nase die letzte Cabin weggeschnappt hat. Und die andere Cabin, die noch über war, war uns für $314 doch etwas zu günstig, also sind wir weiter. Der Rat des älteren Pärchens war: „You’re young, you can sleep in your car!“ (dt. „Ihr seid noch jung, ihr könnt im Auto schlafen!“). Ähm neeee, besser nicht. Wird recht kalt hier in den Bergen.
Wieder auf dem Weg nach Fresno haben wir dann ein kleines, nennen wir es rustikales, Motel gefunden. Grena’s Place heißt es und hat etwas von Bates’ Motel, diese Zimmerchen mit weißer Tür zur Straße, alle in einer Reihe. Drei Frauen haben auf einer Art Veranda gequatscht, als eine (vermutlich Grena, Anfang 40, etwas mollig) uns gefragt hat, ob sie uns helfen kann. Als wir nach einem Zimmer gefragt haben, hat sie uns gleich gesagt, dass es $59 kostet und der Fernseher nicht geht. Aber wir durften uns Room 5 erst mal angucken. Und entgegen unserer Erwartungen war es echt sauber. Kein 5* sauber, aber durchaus sauberer als von außen. Ein Bett, ein Minibad, schneeweiße Handtücher, Kaffeemaschinchen… und Mini-TV, der ja nicht ging.
Als wir bezahlt haben, durften wir mit in das ehemalige Restaurant… Äh jap, das war eher ein Sammelsurium an alten Barmöbeln aus den 80ern?, einem alten Klavier, daneben eine hüfthohe Glasvitrine mit drei alten Porzellanpuppen in ihren Kleidchen, in der Mitte alter Billardtisch… die Wandtäfelung schön in Eiche rustikal bis unters Dach. Bis auf die Puppenvitrine war alles zugemüllt, ok, auf dem Billardtisch waren zerknüllte Rechnungen fein säuberlich sortiert… Grena, wenn sie es wirklich war, erklärte uns das Chaos: Sie will den Laden nach 12 Jahren verkaufen, deswegen sieht es so aus.
Nun gut, wir haben uns in unserem kleinen Zimmer eingerichtet, draußen hört man ab und zu ein Auto vorbei fahren und einen Hund bellen. Sonst herrscht beschauliche Stille, bis auf das Knacken in der Wand und die Grillen, die in der pechschwarzen Nacht zirpen…
Gute Nacht, John-Boy!