Wie mentales Training stärken kann

Meine Trainerin Nicola hat mir das Buch Positiv denken – erfolgreich reiten von Jane Savoie (Kosmos, 2009*) ausgeliehen, damit ich lerne, meine Natural Horsemanship Künste mental zu trainieren und damit insgesamt meine Fähigkeiten verbessere. Doch beim Lesen der 245 Seiten habe ich gemerkt, dass dieses so viel mehr ist als eine paar Tipps zum Reiten. Dieses Buch hat mich ebenso nachhaltig beeindruckt wie John Streleckys Café am Rande der Welt.

Warum? Ganz einfach: Jane Savoie (erfolgreiche Turnierreiterin und Trainerin aus den USA) erklärt sehr einfach, wunderbar aufbauend und mit zahlreichen Beispielgeschichten, wie man sich selbst positiv und mental aufbaut und stärkt und dadurch seine Reitfähigkeiten verbessert. Sie bringt sogar wissenschaftliche Beispiele für das positive Mentaltraining von Leistungssportlern an, die dadurch ihre Leistungen deutlich verbessern konnten. Denn mit den positiven Gedanken in uns, haben wir nicht nur ein positives Selbstbild, sondern auch eine positive Ausstrahlung auf andere Lebewesen, und das ist beim Reiten besonders wichtig. Das Pferd spürt, wie sein Reiter drauf ist. Fehlt die positive Ausstrahlung, nutzt das Pferd das aus oder wird panisch (je nachdem, wie es gepolt ist), weil ihm die Leitfigur fehlt. Beides ist weder für Mensch noch Tier gut. Deswegen ist positives Denken so wichtig, damit das Pferd (oder auch jedes andere Lebewesen) einfach vertrauen kann.

Jane Savoie geht davon aus, dass das Gehirn ebenso ein Muskel ist wie die in Armen und Beinen und daher genauso trainiert werden kann. Allerdings nicht mit Gewichten oder aktivem Laufen, sondern einfach mit positiven mentalen Vorstellungen, Formulierungen und Filmchen, die man von sich selbst im Kopf abspielt. Ebenso veranschaulicht sie, dass das unser Unterbewusstsein nicht unterscheiden kann, ob wir etwas tatsächlich ausführen oder es uns nur mental vorstellen. Und genau da beginnt das Training.

Egal, wie man sich etwas im Kopf vorstellt oder formuliert (gerne auch laut): Es muss in positiven, definitiven Worten und Bildern stattfinden. Raus mit den Negativformulierungen, das Wörtchen „nein“ gibt es schon mal gar nicht, genauso wenig wie „ich versuche“ oder „ich werde“.

Statt „Ob ich die Richter merken, dass ich nervös bin?“ heißt es „Wir reiten jetzt unseren Spitzenparcours!“, statt „Das hat im Training schon nicht geklappt, wie soll es jetzt erst beim Tunier werden?!“ heißt es „Ha, das klappt jetzt wie am Schnürchen!“, statt „Ich versuche mein Bestes zu geben…“ heißt es „Ich gebe mein Bestes!“

Ich glaube, ihr merkt schon, wohin der Hase läuft. Jane Savoie erklärt für das positive Denken verschiedene Techniken, wie man überhaupt eine neue Verknüpfungen mit einer positiven Veränderung im Kopf aufbaut und verankert, wie einen Film im Kopf ablaufen lässt, bei dem man selbst Regisseur und Hauptdarsteller ist, wie man somit sein Selbstbewusstsein stärkt.

Positiv denken - Erfolgreich reiten

Wichtig fand ich auch den Abschnitt am Ende zur Überwindung von Ängsten, vor allem für Reiter, die bei Turnieren oder beim Training gescheitert sind, die mal runtergefallen sind, als das Pferd gescheut ist oder was auch immer. Es gibt tausend Gründe, warum man Angst haben kann. Aber wenn man sich dann gar nicht mehr in den Sattel schwingt oder gar zitternd drin sitzt, dann wird sich das auf das Pferd übertragen. Wir Menschen merken doch auch, wenn jemand unsicher ist. Warum also dann nicht das Pferd? Und ein unsicheres Pferd wird entweder ungestüm oder selbst unsicher und macht dann selbst Fehler. Nicht gut!

Aber das Beste ist, wenn man seine Angst überwindet und mit positiven Gedanken an das Problem geht: „Ich schaffe das! Boouuhjaaa!!!“ Jane Savoie plädiert regelrecht dafür, dass man seine Komfortzone verlassen soll, um weiter zu kommen. Nicht nur, um sich seinen Ängsten zu stellen, sondern WEIL man nur so einen Schritt aus seiner Komfortzone raus macht, einen Schritt weiterkommt und sich somit weiterentwickelt! Ha! Und dabei hilft das positive Denken!

Für mich macht dieses positive Mentaltraining durchaus Sinn und ich hab es schon selbst für die 7 Spiele von Parelli angewendet. Danach hat das echte Training viel besser geklappt. Natürlich sollte man auch WÄHREND dem Training positiv denken. Daran übe ich noch… 🙂 Aber ich habe selbst da schon gemerkt, wenn man denkt: „Hoffentlich geht das jetzt nicht wieder in die falsche Richtung“, dann geht es mit Sicherheit in die falsche Richtung. Wenn ich mir unsicher bin, dann spiegelt das Pferd meine Unsicherheit, indem es unkoordiniert eine Pattern macht. Und dabei will es mir nur helfen. Aber wenn ich mir vorstelle, wie die Übung perfekt auszusehen hat, dann klappt’s auch. Im Sattel habe ich auch noch so meine Probleme, aber ich trainiere in meinem inneren Filmtheater.

Und wenn ich selbst merke, dass ich etwas geschafft habe, egal, wie klein der Schritt war, desto mehr freue ich mich, jubel nicht nur innerlich, sondern strahle somit positive Energie aus. Ich werde entspannter, selbstsicherer und mutiger für den nächsten Schritt. Das merken wir Menschen nicht nur an unserem Gesichtsausdruck oder Körperhaltung, sondern das nehmen auch andere Lebewesen wie Pferde wahr.

Beim positiven Denken geht es um so viel mehr als um den eigenen Erfolg. Es geht auch um den Respekt, den man anderen, mit denen man zusammen arbeitet, lebt, eine Welt teilt, entgegenbringt. Was kann denn das Pferd, der Kollege oder der Nachbar dafür, wenn ich etwas aus eigener Verkrampftheit und Unsicherheit nicht hinkriege?

Aber was ich mich am meisten an Jane Savoies Buch beeindruckt ist, dass man den Titel auch auf alles andere beziehen kann. Ich finde, das Buch kann auch Positiv denken – erfolgreich PunktPunktPunkt heißen. Und dieses PunktPunktPunkt ersetzt man einfach mit dem Bereich, in dem man sich verbessern will. Das gilt nicht nur für Sport, sondern auch für den Job, Dates, Kochen, Backen, DIY-Hobby-Basteln, Autofahren, Yoga, Fliegen… egal, was.

Ich glaube, wenn man sich nicht nur körperlich, sondern auch geistig fit hält (und damit meine ich nicht, den Brockhaus auswendig zu lernen), dann kann man sich weiterentwickeln. Nicht nur, weil man sich selbst positiver wahrnimmt und dadurch selbstbewusster durchs Leben stapft, sondern auch, weil man mehr Chancen ergreift, denn man will sich austesten und weiterentwickeln.

Denn dazu schreibt Jane Savoie: Was ist schon, wenn es schief geht? Ich kann damit fertig werden!

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* Leider ist das Buch heutzutage schon recht vergriffen oder nur für teuer Geld zu erstehen. Aber wenn ihr es irgendwo bei Freunden, Bekannten, Pferdefreaks oder in der Stadtbobliothek entdeckt, dann tut es euch ruhig an. Es liest sich gut, weil es einfach, einprägsam und aufeinander aufbauend geschrieben ist. (zurück zum Text)

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