Nach dem leckeren Abendessen von gestern, sind wir am nächsten Morgen in aller Ruhe aufgestanden. Nach dem Frühstück, sprich Kaffee, ging es weiter in Richtung Toscana. Da wir mitten in der Pampa waren, haben wir dem Navi einfach mal vertraut, mussten wir ja, und das hat uns durch enge, kurvig, grüne Landstraßen führte, vorbei an einsamen gelben Wiesen, verfallenen Toren, die einst prunkvoll den Eingang eines herrschaftlichen Gutes ankündigten, bis hinein in ein grün, gelb, braun geschecktes Tal mit blauem Himmel und Wolkenbauschen, für mich der Anfang der Toscana (wenn auch noch nicht geografisch).
Im nächst grösseren Ort gab es auch einen Supermarkt, einen richtigen, und da haben wir uns mit Wasser und Leckereien für Fahrt eingedeckt. Für 10€! Ich hab erst gedacht, da wurde was an der Kasse vergessen, aber nö, das war so billig. Benvenuti al bella Italia.
Nach einem zweiten Kaffee für mich ging’s über die Autobahn durch grüne Bergtäler mit vereinzelten Kirchtürmen, Ruinen, kleinen, gelben Häusern mit den typischen orangenen Dächern gen Süden. Vor uns zogen sich die Alpen und das Bergmassiv bei Carrara gen Himmel und dominierte die Aussicht. Als wir die Ausfahrt von Carrara passierten, konnte man bis regelrecht zum Bergabbau des weissen Mamors sehen und links und rechts der Autobahn gab es Steinmetze und Lagerplätze mit fetten, weissen Mamorbrocken. Nicht schön, aber beeindruckend.
Erster, ok zweiter, Stopp an dem Tag war Lucca. Ein kleines, süsses Städtchen im Norden der Toscana mit einem historischen Stadtkern. Geparkt werden darf nur ausserhalb der fünfeckigen Stadtmauer und wir haben in einer Seitenstrasse gleich was gefunden. Und dann ging es querbeet durch enge, dunklen, verwinkelten Straßen, die von den hohen Häusern aus dem 15. bis 18. Jahrhundert gesäumt wurden. Manche haben noch wunderschön gemalte Verzierungen, andere haben kleine Balkone mit bunten Blumen oder schön verzierte Holztüren. Dazwischen kamen zahlreiche Piazza zum Vorschein, auf denen sich die Sonne breit machte.
Gemütlich wurde es durch die kleinen Trattorias und Cafés, deren Terrassen fast den Fussweg blockierten. Als wir daran vorbei gegangen sind, duftete es nach leckerer, warmer Steinofenpizza oder Nudeln mit viel Knoblauch in der Sauce…. Doch statt Pizza gab es für uns erstmal Eis. In der Eisdiele Santini sollte es laut unserem Reiseführer das beste Eis Luccas geben. Ja, es ist lecker, aber die Portionen doch etwas übersichtlich. Für die sonst so grosszügig gestapelten Portionen, die man sonst in Italien kriegt, wirkte es fast schon geizig. Mein Freund „mosert“ heute noch drüber, dass „das schlechteste Eis im ganzen Urlaub“ war (der Wirtschaftler ;)). Wunderschön ist auch der Dom mit seiner weissen Mamorfassade, die trubelige Einkaufsstrasse Via Fillungo sowie die ovale Piazza dell’Anfiteatro, wo sich die Cafés und Trattorien sich gegenseitig den Rang ablaufen, um Touristen anzulocken. Aber die Kulisse mit den Häusern in den verschiedensten Gelbtönen unter dem klaren blauen Himmel ist schon sehenswert. Einheimische sahen wir am Tag kaum und wenn, dann fielen sie dadurch auf, dass sie eben nicht wie am Strand rumliefen und keinen Strohhut auf hatten.
Lucca hat aber noch etwas Faszinierendes, dass es nicht so oft in der Toscana gibt: Bäume, die auf einem Turm wachsen, auf dem Torre del Orro. Anfangs wusste ich nicht mehr genau, wo der Turm in Lucca war, aber sobald wir auf der Piazza dell’Anfiteatro waren, konnte ich mich prima daran erinnern. Vor 17 Jahren war ich das erste Mal auf dem Turm, damals waren nur ein paar von unserer Klasse da. Dieses Mal mussten wir anstehen und warten, bis wir rauf gelassen wurden, weil es da oben halt eng ist und nicht alle Besucher gleichzeitig drauf können. Doch das lange Warten, der teils echt wackelige, enge Aufstieg (ab der zweiten Hälfte oben) und die 4€ Eintritt lohnen sich total.
Der Ausblick oben in alle vier Richtungen ist Bombe. Wir konnten über das terracottafarbene, rotockergelbe Dächermeer Luccas bis hin zu den Bergen sehen. Dazwischen sieht man kleine Dachterrassen, Balkone oder Innenhöfe, wie grün, bunte Oasen in der Wüste, oder die engen Strassen mit den fein säuberlich aufgereihten Vespas. Einfach herrlich. Und mit den schattenspendenden Olivenbäumen da oben auf dem Turm liess es sich auch prima aushalten. Richtig idyllisch wurde es für mich, als ich eine Opernsängerin bei ihren Etitüden gehört habe. Ihre Stimme verlieh der ganzen Aussicht und entspannten Atmosphäre etwas Besonderes, etwas beruhigendes, mit dem man sich hat treiben lassen können.
Das haben wir dann auch gemacht, uns durch die Gassen treiben lassen, abseits der grossen, Touristen gefüllten Gassen. Für Lukas gab es noch ein richtiges Eis, ein ordentliches, gutes, leckeres. Danach war er ruhig :D.
Danach ging es die 30 Minuten weiter über die Landstrasse nach Pisa, wo wir uns nach dem Navi, dem schiefen Turm und den Parkplatzschildern orientiert haben. Wir haben einen echt guten, günstigen Parkplatz in der Via Piave, keine 10 min Fußweg vom schiefen Turm gefunden. Der Turm ist auch nach mehrfachen Besuchen immer wieder beeindruckend, die schiefe Marmorsäule, die sich gen Himmel Strecke und trotzdem nicht umkippt. Ja, gut, die haben den schiefen Turm aufwendig restauriert und stabilisiert, mittlerweile wieder zugänglich für die Besucher, der sieht aus wie neu, aber stehen tut er da ja schon ne ganze Weile. Ich weiss noch, dass ich ihn gesehen habe, als an da gar nicht hoch durfte. Was sich auch nicht geändert hat, sind die zahlreichen Touristen, da wimmelt es regelrecht nur davon. Und fast alle, aber wirklich fast alle machen für Fotos diese Stellposen, als ob sie den Zum abstützen würden, mit den Füssen, Rücken, Händen… Alter Falter. Und die machen das von überall.
Der Turm ist so ziemlich das meist fotografierteste Bauwerk da in Pisa, obwohl gleich nebendran der Dom, eine Basilika und ein Friedhof stehen, die auch nicht zu verachten sind. Gut, wir waren nur im Dom, weil der Eintritt da umsonst war. Der Rest kostet, der Turm allein schon 18€. Da haben wir uns gesagt: Näh, dat muss nit sein, der ist von oben auch nur schief. Also haben wir unser kostenloses Ticket geholt, eine Eingangszeit von 18:15 Uhr bekommen und mussten die restlichen 90 Minuten noch so irgendwie rum kriegen. Wir sind dann nach einer Ehrenrunde um die Kirchen in die Altstadt gegangen, wo es eine hübsche Hauptstraße mit zahlreichen bunten Häusern und Touristencafés gibt. Weil wir ein Hüngerchen hatten und das da so ein Touri-Angebot gab, haben wir uns bequatschen lassen und unser frühzeitiges Abendessen da eingenommen. War ganz witzig, weil man die vorbei laufenden Leute beobachten konnte – Meine Güte, was da alles vorbei lief. Interessant, wie sich so manche Touristen kleiden. Aber ganz modern dieses Jahr sind Birkenstock statt Sandalen oder Turnschuhe bei den Frauen. Bequeme Treterchen halt. Aber naja, jedem das seine. Als wir gegen 18 Uhr bezahlen wollten, kam keiner. Gute 15 min später ist es uns dann geglückt, auf Eigeninitiative hin. Flotten Schrittes ging es dann in den Dom.
Der Dom zu Pisa (aus dem 12. Jh., das Jahr ist nicht so sicher) wirkt auf den ersten Blick recht dunkel, schlicht, aber ein Blick zur Decke und zum Altar zeigen seine wahre Pracht, neben den vielen Marmorsäulen. Die sog. Kassettendecke ist reich verziert mit Gold und über dem Altar ist ein riesiges Mosaik von Christus Pantokrator. Auch das Kuppelfresco haut einen echt um. Beeindruckend, denn man muss auf diese Weise den Blick gen Himmel richten. Aber am eindrucksvollsten waren für mich zwei Sachen: Einmal der Orgelspieler, vermutlich Musikstudent, der eine kleine unscheinbare Orgel spielte. Aber das war nur das Register, das rechts vom Altar am Anfang des Seitenschiffs stand. Die Orgelpfeiffen hängen links und rechts prunkvoll über dem Altar und die Akustik ist einfach phänomenal. Interessant war auch, wie der wirklich kleine Italiener mit Händen und Füssen rasch über die Register gleitete und nebenbei noch die Notenblätter wendete. Wir hätten da ewig zuhören und zuschauen können. Im Rausch der Orgelmusik sind wir langsam weiter zum linken Seitenflügel, wo auf einer simplen Staffelei in Marien-Bild aus dem Mittelalter (vermutlich 13 Jh.) ausgestellt ist. Dort habe ich die zweite eindrucksvolle Sache entdeckt: Es ist das Gemälde „La Vergine protettrice di Pisa„, das gut in dicke Decken gehüllt mehrere Brände und Raubzüge in Pisa überlebt hat und unversehrt geblieben ist. Erst ungefähr um 1900 hat man die Decken vom Bild entfernt und den Wert des Gemäldes wieder entdeckt. Daher ist dieses Bild eines der wenigen, unrestaurierten Originalmalereien aus dem Mittelalter. Die Darstellung von Maria und dem Christuskind soll an sich wohl auch unkonventionell für damalige Zeiten gewesen sein. Daher ist das Bild an sich ein einmaliger Schatz für Pisa.
So, wir mussten uns dann doch langsam sputen, um noch zur Ferienwohnung zu kommen. Aber unser Vermieter war recht entspannt und hat uns die Koordinaten und Anfahrtsbeschreibung zur Wohnung gegeben. Wir sind nach einer kleinen, unfreiwilligen Stadtrundfahrt am Bahnhof und Flughafen von Pisa vorbei auf die Schnellstrasse, bis das Navi sagte: Hier müsst ihr raus, und uns von da durch die toskanische Pampa geschickt hat. Als wir die erste Zypressenalle eingebogen sind, ging für mich der Zauber der Toscana los. Es ging enge kurvige Strassen die Berge hoch, weiter durch kleine Dörfer und hellgrüne Olivenhaine immer schön in der goldenen Abendsonne. Links und rechts ging Blick über Täler, Weinberge hin zu den Dörfern und Kirchtürmen auf den nächsten Hügeln und alles erstrahlte im goldenen Schimmer. Traumhaft.
Ein Träumchen war auch, dass die Straße so breit war wie unser Auto. Erstaunlicherweise gab es da oben auf den Hügelkämmen der Toscana recht viele Jogger und Hundeliebhaber. Bei Gegenverkehr musste man einfach anhalten, weil die Strasse es nicht anders zuliess. Dafür wurden wir aber hinter jedem Hügel und Kurve mit einen neuen Postkartenblick belohnt. Gut, mein Freund fand es jetzt weniger toll, weil er dann immer wieder Fotos machen „durfte“ (Foto! Foto!). Ja, er wirkte dann langsam leicht genervt, nach dem 8. Foto.
Schliesslich kamen wir unserem Ziel näher. Bis Lukas dann meinte, fahr hier mal links rein. Ich war etwas irritiert, weil da eine schmale Teerstrasse ins Nichts führte, aber er meinte, das wäre richtig. OK, abgebogen und nach wenigen Metern wurde aus dem Teer grober Schotter, mit Schlaglöchern und es ging den Hügel rauf. Den steilen Hügel rauf…. Unser Auto juckelte da hoch und als dann wieder ein Stück Teer kam, dachte ich schon, wir hätten es geschafft. Aber nö. Das war alles noch harmlos. Nach der nächsten Kreuzung wurde noch steiler, huckeliger und wackeliger, das ABS machte sich bemerkbar und ich hab inständig gehofft, das da jetzt kein Gegenverkehr kommt. Alter Falter, ich war selten so froh, Häuser zu sehen. Unsere FeWo lag Mitten in den Weinbergen, mitten im Nichts. Dafür gab es ein herzliches Willkommen von unserem Vermieter, seiner Frau, Hofhund Pippo, Katze Mischa und den Kindern. Hier gab es Ruhe pur und ein Bierchen von Beppe. Das war unser erster Abend in der Toscana und ich hätte hier noch n bisschen bleiben können.