Voller Freude sind wir am nächsten Morgen pünktlich um halb 10 los gekommen, auf den Weg in Richtung Norden, um kurz hinter Pearl Habor, jap immer noch im Süden, 1,5 Stunden im Stau zu stehen, wegen einem Motorrad, das wohl anscheinend ausgelaufen ist und eine 6-spurige Autobahn lahm legte. Supi, machste nix.
Danach ging es aber schneller voran und wir kamen hurtig auf den Highway 750, der zwischen hellgrünen Feldern und unterhalb der dunkelgrünen Bergketten der Westküste, die ich am Vortagen von der anderen Seite gesehen hatte, entlang führte. Irgendwie wirkte die Strasse leicht europäischen, nur die Ananasfelder der Dole-Plantage liessen daran erinnern, dass wir eben nicht in Europa waren. Wer mit einer kleiner TschuTschu-Bahn durch die Ananasfelder fahren möchte, der kann das bei der Dole-Plantage machen. Kostengünstiger und mit einer wunderschönen Aussicht ist die Fahrt auf dem Highway 750.
Denn die Strasse ging kurz hinter den Platagengebäuden talabwärts und vor uns eröffnete sich die Weite der Insel mit Blick zum Meer, auf dem die Wellen weisse Schaumkronen zauberten, links endeten die grünen Berge als Felsen direkt im Wasser und an der Strassenseite gab es grüne Tannen und dahinter Kaffeebaumplantagen. Diese Bild, das sich vor uns auftat, war einfach phänomenal. Wie eine Postkarte. Vor uns lag die Küste vom North Shore, da, wo die Surfer die grossen Wellen reiten.
Zum Einstieg der North Shore Besichtigung ging es erst mal in die kleine Stadt Halweia am westlichen Ende der Nordküste. Hier gab es alles, was das Touriherz begehrte: Strandmodeläden, Stranddeko-Läden, Fisch-Restaurants, Fast-Food-Ketten, Ananas- und Obst-Stände, viele kleine Kunstgalerien, Shops für Surf- und Schnorchelbedarf, alles in kleinen, bunten Holzhäusern in Western-Optik. Wir kamen uns etwas vor wie im Wilden Westen – nur am Meer und auf Hawaii halt.
Wir sind weiter auf dem Highway 83 am North Shore entlang, durch Palmenhaine, vorbei an Häusern in leicht verblassten Pastellfarben wie gelb, grün oder hellblau, umgeben von blühenden Büschen und Palmen. Vor den Einfahrten gab es ab und an ein Surfbrett neben dem verrosteten und leicht zerbeulten Briefkasten. Für mich kam hier ein leichtes Hippie-Feeling auf, mehr in Richtung Surfer als auf der Westküste, die halt echt bodenständig wirkte.
Zwischen den Häusern kamen immer wieder kleine, paradiesische Sandstrände mit Blick auf die Wellen des türkisfarbenen Meeres zum Vorschein. An der Waimea Bay, einer Sandbucht mit ruhigem Wellengang haben wir einen kurzen Fotostop gemacht.
Danach sind wir ins Waimea Valley abgebogen. Dort kann man zu Fuss einen grossen botanischen Garten mit 6000 tropischen Pflanzenarten mitten im hawaiianischen Dschungel besichtigen ($16.95, plus $3 für den Audioguide). Auch wenn im Winter nicht alles blüht, so ist es wunderschön hier. Ein asphaltierter Weg führte direkt zum Wasserfall am Ende des Tals, links und rechts davon waren nach thematische Gärten angelegt, wie die einheimischen Pflanzen, Hibiskus oder auch afrikanische Pflanzen. Diese Gärten konnte man über kleine, teils hügelige Seitenwege besichtigen und dann war man halt direkt in der Pflanzenwelt.
Der Wasserfall am Ende des Gartens ist ein kleines Planschbecken für alle Besucher. Wer mag, leiht sich gegen ein Trinkgeld beim Rettungsschwimmer eine nasse Schwimmweste aus (die gibt es in schmal, breit oder für Kinder, nichts anderes) und klettert die glitschigen Steine durch die anstehenden Touris runter und lässt sich ins kühle Nass plumpsen. Jedenfalls hat es mein Freund so gemacht, dessen Schwimmweste ihm die Brust bedeckte. Er schwamm dann bis zum Wasserfall, kletterte auf einen kleinen Vorsprung, wie es die vor ihm auch gemacht haben, und sprang (oder liess sich fallen, das war nicht so gut erkennbar) wieder in den Teich. Als er rauskam, war er ganz begeistert, weil es so toll war. Das Wasser war aber wohl eisig.
Wir sind dann langsam durch den Garten zurück gelaufen, und wollten noch an dem Farmers’ Market, der am Eingang statt fand halten. Es gab lokale Kunst und Köstlichkeiten, aber keine Ananas, wie wir erhofft hatten.
Egal, wir sind dann weiter gefahren und haben beim nächstbesten Strand angehalten, einer kleinen Bucht, in der die Kinder sich wie Fische in Wellen geschmissen haben, die so gross wie sie selbst waren. Links und rechts überragten Palmen den hellgelben Sandstrand und vor uns versuchten Surfer ihr Glück in den türkisfarbenen Wellen. Das Meer war einfach traumhaft schön, Sonne satt, das Wasser etwas erfrischend, und die Aussicht wie im Paradies.
Unsere Fahrt führte weiter durch das dichte Grün des North Shores, das leicht an einen Dschungel erinnerte. An einem Obststand am Strassenrand haben wir angehalten und Obst gekauft: Ananas und Grave in Stücken. Den Snack wollten wir am nächsten Strand vernaschen, aber die Turtle Bay sieht auf den ersten Blick gar nicht nach Turtle oder Bay aus. Die Strasse führt durch eine gepflegte Parklandschaft zu einem grossen Parkplatz, der teils zu einer schnieken Hotelbunkeranlage am Meer gehört. Ein kleiner Pfad führte durch die Büsche und dann erst haben wir die richtige Turtle Bay gesehen. Das ist ein langer, schmaler Strand, der mit Lavagestein und Felsen zerklüftet war. Eine Lavasteinlandzunge führte bis weit ins Meer hinaus, es gab kleine Blowholes, durch die das Meer Wasserfontänen nach oben drückte.
In den Lavafelsen selbst hatte die Flut tieferen Pfütze hinterlassen, in denen sich eine ganz eigene Welt abspielte. Es gab kleine Fische, kleine Krabben, Minikrebse in schwarzen Muschelbehausungen, die nur 2 cm gross waren, und noch viel cooler: eine Art Schlammspringer. Das ist ein Fisch, der kurze Dauer an Land überleben kann, um Schlammgebiete oder kurze Strecken auf seinen Brustflossen kriechend zu überwinden. Der Fisch sprang kurz aus dem Wasser auf einen Felsen, um sich danach gleich wieder zurückplatschend zu lassen. Vielleicht wollte er schauen, ob die Flut kam. Die war noch nicht da. Die schattige Bucht an sich war ganz nett, aber durch die hohen Wellen war hier an Baden nicht zu denken. Schildkröten haben wir auch keine gesehen.
Also sind wir weiter gefahren und hatten schon den Weg an der Ostküste gen Süden eingeschlagen. In meinem Reiseführer hatte ich etwas vom Laie Point gelesen und fand das Bild zu eindrucksvoll. In Laie sind wir an der Anemoku Street in Richtung Meer abgebogen und haben uns links bis zum Ende der Strasse gehalten. Dort gab es einen inoffiziellen Parkplatz und vor uns eröffnete sich eine lange Landzunge, die weit bis in das Meer reichte. Um den dunklen Felsen tobten die türkisen Wellen und die Gischt brach sich meterhoch. Am Horizont bauschten sich weisse Wolken auf. Rechts zeigte sich Hawaii mit von seiner besten Seite, denn die grünen Berge reichten fast bis ans Wasser und die türkis-weissen, meterhohen Wellen rauschten mit einem Donnern gen Bucht. Links konnte man einen länglichen Lavafelsen mit Loch erkennen, die der Legende nach der Körper von der fiesen Riesenechse Mo’o ist, deren Kopf abhackt und von dem Krieger in die See geworfen wurde. Das sind heute fünf kleine Felsen vor dem Laie Point. Der Krieger war Kana, der seine Mutter rächte, die das Riesenvieh gefressen hat. Söhne und Mütter halt.
Kana hin oder her, der Laie Point ist einer der grandiosesten Aussichtspunkte, die ich in Hawaii erlebt habe. Der Wind zog an den Haaren, die Gischt trieb feine Wassertropfen ins Gesicht, die Luft roch nach Salz, das Donnern und Krachen der Wellen übertönte jede Stimme, das Licht der Abendsonne zauberte einen goldenen Schein auf die Landschaft. Es wirkte wie im Märchen. Ich hätte da Ewigkeiten verbringen und die Wellen beobachten können.
Also haben wir hier auf den Felsen unsere Obstsnacks gegessen. Die Ananas war sehr gut, die Guave etwas trocken, aber lecker. In einem Nebensatz meinte ich zu Lukas, dass ich nach Walen im Meer Ausschau gehalten, aber keine gesehen habe. In dem Moment drehte ich mich gen Küste um, und sah im azurblauen Wasser eine Wasserfontäne. Kurz danach tauchte der Buckel von einem Buckelwal auf und seine ganze Schwanzflosse. Lukas hat es auch gesehen und ich hab mich mega gefreut. Leider waren unsere Finger in dem Moment mit Obst voll und wir konnten kein Foto machen, aber wir haben danach noch ein paar Wale in der Bucht vor uns beobachten und fotografieren können. Auf den meisten Fotos sieht man nur schwarze Flecken, die auch Wellenschatten sein können, aber sie waren da, die Wale. Ich find es so toll, wenn man diese Giganten in freier Wildbahn erleben darf. Hier im Norden war es einfach super.
Als die Sonne hinter den Bergen verschwunden war, machten wir uns dann langsam auf den Rückweg gen Honolulu, durch die grünen Hänge in die Abenddämmerung.