Domburg – Meer, Sonne, Wind

Weil ich mir seit Längerem mal wieder vorgenommen hatte, ans Meer zu fahren, habe ich letzten Donnerstag eine Freundin gefragt, ob sie den Sonntag denn Bock hat, mitzukommen: ans Meer, nach Holland, genauer gesagt nach Domburg. Da war ich mal vor sechs Jahren und der Nordseestrand erinnerte mich sehr an den wilden Strand in Aberdeen. Meine Freundin meinte, ja klar. Egal, bei welchem Wetter. Freitags habe ich noch eine andere Freundin gefragt und die meinte nach einem ungefähr fünf Sekunden überlegen: „Joa, cool! Hihi, ich freu mich!“

Also hab ich die Mädels an besagtem Sonntag früh um kurz nach 8 abgeholt. Denn vor uns lagen 3,5 Stunden Fahrt* (mit Pipipause beim Mäcces, ja, die musste sein…). Nach einem heftigen Regenschauer in Deutschland ging es in Richtung blauen Himmel mit sanft bauschigen Schäfchenwolken in die immer flacheren Weiten des Hollands. Und es war wirklich so: Je weiter wir gen Westen kamen, desto flacher wurde es und vor allem desto sonniger wurde es. Wir drei waren richtig begeistert. Es war eine entspannt ruhige Fahrt durch Pappelalleen, vorbei an Wiesen mit fetten Ponys, Kühen oder Schafen, die teils sogar an kleinen Deichen grasten. Wir sind vorbei an Windmühlen in kleinen Waldhainen, an Ziegelhäuschen mit weißen Fensterrahmen und kleinen Gärten drumherum, vorbei an gelb blühendem Stechginster, an leuchten rosa blühenden Kirschbäumen und Rapsfeldern, die so weit waren, dass sie am Ende auf den blauen Horizont getroffen sind. Nebenbei haben sich meine Freundinnen angeregt unterhalten, Ben Howard sang im Hintergrund und vor uns führte die leere Autobahn gefühlt direkt in die Sonne.

Holländisches Flachland

Holländische Häuschen

Je näher wir Domburg kamen, desto keiner wurden die Häuser, desto weiter die Felder, desto blühender und grüner die Bäume, desto strahlender die Sonne, desto mehr Autos waren gen Westen unterwegs. Aber bei uns dreien wurde vor allem die Vorfreude und das Kribbeln im Bauch auf das rauschende Meer, das Salz und den Wind größer. Gleich waren wir da.

Domburg Centrum

Nach einer kurzen Durchfahrt durch das echt süße, aber auch sehr beschauliche und von Touristen wimmelnde Domburg haben wir hinter der Stadt und dem Golfplatz einen schon recht vollen Parkplatz mit einer Lücke für uns gefunden. Mit einem strahlenden Grinsen haben wir unsere Picknicksachen gepackt und sind wir aufgeregt die hölzerne Treppe, die über den Deich führt, hochgelaufen. Und oben angekommen, konnten wir die ganze Schönheit sehen: Auf der einen Seite, hinter uns, lag das holländische Flachland in seinem kräftigen Frühlingsgrün, vor uns lag der breite Sandstrand von Domburg an einem tiefblauen und ruhigen Meer, das sanft rauschte. Der Wind zog an unseren Haaren und an den Fahnen, die Sonne wärmte uns sofort. Als ich hier oben stand, hat sich meine Sehnsucht erfüllt, ich habe gemerkt, wie ich das Meer vermisst habe, aber auch wie sehr es mir gut tut, es einfach nur zu sehen, zu hören und zu riechen, die weißen Möwen am blauen Himmel segeln zu sehen. Ein Traum. Es ist fast wie nach Hause kommen. Und das Schöne war, dass es meinen Freundinnen genauso ging.

Deich in Domburg

Domburg Strand

Wir sind mit einem Lächeln im Gesicht und fröhlichem Kribbeln im Bauch, die Treppen runter und durch den Sand, über ein Meer von knirschenden Nordseemuscheln und kleinen leise plätschernden Rinnsalen, bis zu den weiß schäumenden, Wellen vorgelaufen. Wir waren alle drei ruhig, atmeten die See ein, genossen das Rauschen, den Wind, die Weite des Meeres. Wir drei waren alle erleichtert, tiefenentspannt und fühlten uns einfach nur wohl. Immer wieder haben wir angehalten und den Ausblick auf das Wasser genossen, haben nach Muscheln gesucht, Möwen hinterher geblickt, Fotos gemacht, in die Sonne geblinzelt, haben uns durch die Wellenbrecher gequetscht, haben die Muscheln und Algen an den Pfosten bewundert und nebenbei ein Plätzchen für unser Picknick gesucht.

Wellenbrecher

Muscheln in Domburg

Kurz vorm Deich und neben ein paar Strandhüttchen haben wir unser Lager aufgeschlagen und wie zu Unizeiten belegte Brote, Weintrauben, Kekse und Tee ausgepackt. Wir haben nicht viel geredet, sondern nur das Dasein im Hier und Jetzt genossen, das Salz gerochen, nach wie vor das Meer bewundert und Leute beobachtet. Bis ich Papillon Gerda ausgepackt hab.

Picknick-Platz

Gerda steigen lassen

Gerda ist unser Drache in Schmetterlingsform. Den hatte mir meine Mama mal vor Jahren geschenkt, aber bisher hatte Gerda kaum Auslauf. Nachdem wir sie zusammengesteckt hatten, hat sie recht schnell an ihrer dünnen Angelschnur gezogen und ist vom Wind nach oben getragen worden. Alter, hat das ein Spaß gemacht. Eine Freundin ist mitgekommen und wir haben den Drachen immer wieder steigen lassen, Gerda flog ganz hoch, zog immer wieder heftig an ihrer Schnur und plumpste kurz danach wie ein Stein nach unten, um kurz vom Boden wieder aufzusteigen, weil ich ein Stück gerannt bin. Meine Freundin wurde auch von der Schnur eingewickelt und musste sich ruckartig gen Boden ducken, weil Gerda wirklich ihren ganz eigenen Willen hat. Gut, is halt kein Lenkdrachen. Aber am besten hat sie auf meine andere Freundin gehört. Ihr folgte Gerda echt auf Schritt und Tritt, sogar auf ein „Gerda! Nein!“ hat sie sich aus ihrem Sturzflug berappelt und stieg wieder nach oben. Kurz: Wir hatten einen Megaspaß!

Danach sind wir mit einem Dauergrinsen und einem Happy-Bauchgefühl gen Domburg “Centrum” gelaufen. Je näher wir der Stadt kamen, desto belebter und voller wurde der Strand: Kinder tobten in Gummistiefeln oder auch barfuß durch den Sand, Väter bauten stolz Burgen für ihre Kleinen und freuten sich innerlich selbst wieder Kind zu sein, Paare schlenderten mit ihren Hunden im Schlepptau am Wasser entlang, die Promenade füllte sich, vor allem um die Strandrestaurants. In den kleinen Gassen der Stadt tummelten sich Besucher vor Eisdielen, in Cafés, Restaurants, Läden, auf der Hauptstrasse steppte der Bär. Vorbei war es mit der seligen Ruhe vom Strand. Wir selbst haben kurzerhand entschlossen, auf dem Rückweg irgendwo einen Stop zu machen, um etwas zu essen, vielleicht beim Mäcces vom Hinweg und sind dann eine weniger volle Gasse wieder vor zum Strand, zwischen kleinen, rotbraunen Backsteinhäuschen mit weiten Fenstern, die auf Kniehöhe anfingen und einen Blick in ein beschaulich gemütliches Heim mit Kamin, bequemen Sofa, Blumen und Meeres-Deko boten.

Domburg Centrum

Gasse in Domburg

Als wir auf die Deichpromenade hochgeklettert sind, hatten wir wieder einen spektakulären Ausblick auf das beschauliche Domburg, das flache, grüne Holland und die weite Küste, wo das Meer langsam den Strand wieder für sich einnahm. Die Wellenbrecher verschwanden immer mehr in dem dunkelblauen Nass. Die Sonne strahlte… und wie sie strahlte. Hier oben ging kein Lüftchen, weil da Seegras recht hoch wuchs und nur teils die Sicht auf den Strand frei gab. Und wir haben gemerkt, wie wunderbar warm es war: Jacken wurden ausgezogen, die Sonnenbrille zurecht gerückt und immer wieder kam ein “Boah, ist das warm…”. Während wir da so vor uns hinschlenderten, wurden wir von einer Reitergruppe auf Ponys überholt, Hunde spielten mit ihren Herrchen Fußball und Familien spazierten tief in einen Plausch versunken in Richtung Stadt.

Domburg von oben

Als wir wieder an unserer Deichtreppe angekommen waren, haben wire in letztes Mal auf das wunderschöne Meer geblickt, haben ein letztes Mal den Wind mit unseren Haaren spielen lassen und einen tiefen letzten Atemzug salziger Luft genommen, um dann schweren Herzens zurück zum Auto zu gehen. Natürlich fiel uns der Abschied nicht leicht, aber wir haben uns megaglücklich ins Auto plumsen lassen. Keine von uns hat die lange Anfahrt bereut. Ganz im Gegenteil: Wir waren voll froh, dass wir das überhaupt gemacht haben. Vielmehr haben wir unsere Energiereserven aufgetankt, haben jeden Moment genossen und die Kraft von Wellen, Sonne und Wind in uns aufgesogen.

Ich denke, jeder von uns hat insgeheim irgendwo ein Örtchen, an dem er sich so wohlfühlt, dass ihm alles andere um ihn herum einfach egal ist, einen Ort, an dem er einfach sein kann, ohne Bedingungen, Einschränkungen oder Stress. Nur sein. Für mich und meine Mädels ist das Meer so ein Ort, am liebsten ein wildes, ungestümes Meer, aber Hauptsache Meer. Und ich glaube, dass wir bis heute von dem gemeinsamen und wunderschönen Tag am Meer zehren.

Domburg Strand

PS: Natürlich waren wir auf dem Rückweg nochmal beim Mäcces und uns ist aufgefallen, dass man in Holland seinen geliebten Vierbeiner, also Hund, mit ins Restaurant nehmen kann. Wir haben nämlich beobachtet, wie so eine kleine Fußtröte sich genüsslich zwischen ihren Besitzern auf der Sitzbank eingerichtet und Pommes gefuttert hat. Erstaunt haben wir nach einem “Hunde verboten”-Aufkleber an der Tür gesucht, wie wir es aus Deutschland gewohnt sind, aber nö, nix. Die Holländer sind da doch um einiges entspannter als wir. Ich find’s cool.

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* Wenn jemand von euch eine Fahrt in die Niederlande geplant hat, dann denkt dran, dass die belgischen Grenzen, auch die Landübergänge, streng kontrolliert werden und es da zu massiven Wartezeiten kommt. Also nicht über Antwerpen oder so fahren. Wir sind erst mal in Richtung Eindhoven und dann weiter gen Westen, ging alles prima. (zurück zum Text)

2 Gedanken zu “Domburg – Meer, Sonne, Wind

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