Limmatrutschen

… oder etwas poetischer: Mit einer Libelle auf dem Knie sich auf der kühlenden Limmat treiben lassen. Im Wahrsten Sinne des Wortes.

Am letzten Wochenende hat mein Freund seine Riesengummireifen aufgepustet und mich begeistert gefragt, ob wir Limmatrutschen gehen (dabei weiß er nicht, ob „Limmatrutschen“ ein offizieller Begriff ist, er hat ihn von einem Kollegen). Egal, draußen war es verdammt warm, wärmer als am Vortag, an dem wir auf der Werd-Insel in der Limmat baden waren. OK, WIR ist übertrieben, ich und eine Freundin waren drin, mein Freund nicht. War ja zu kalt…

Was ist nun Limmatrutschen genau? Äh, man setzt sich mit ein paar Leuten in ein Gummiboot, auf einen Gummireifen (sehr beliebt zur Zeit ist so ein Einhorngummireifen, megacool) oder eine Luftmatratze, schnappt sich ein Bierchen oder kühles Getränk und sonstige leicht handliche Snacks, und lässt sich gediegen die Limmat runter treiben. Dabei lässt man einfach seine Füße und Seele baumeln und genießt das kühle Nass, die Sonne, die Landschaft, das Leben, was auch immer. Ganz Tapfere lassen sich einfach ohne Unterlage den Fluss runtertreiben.

Limmatrutschen

Als mein Freund mich also fragte, musste ich nicht lange überlegen. OK, Badesachen angezogen, Gummireifen und wasserfesten Sack eingepackt und zack waren wir im Bus auf den Weg zum Wipkingerpark. Dort haben wir unsere Bötchen zu Wasser gelassen und sind in die Mitter der Limmat gelaufen. Hier ist der Fluss recht flach, aber der Weg in die Mitte ist etwas kniffelig, denn hier gibt’s schöne Steine in allen Formen und Größen, schön mit glitschigen Algen überzogen. Ihr könnt euch vorstellen, wie grazil ich meinem Freund hinterher gelaufen bin, der sich nen Ast abgelacht hat.

Schließlich bin ich dann doch bei ihm angekommen und hab mich in den Gummireifen plumpsen lassen: „Scheiße, ist das kalt!“. Aber als ich saß, ging es wirklich. Dann nahm mein Freund in seinem Gummiring  Platz und wir ließen uns treiben. Ungefähr hundert Meter, bis mein Freund meinte, wir müssten links an einer Insel vorbei, wobei aber durch die Strömung irgendwie klar war, dass das nichts wird. Trotz des heftigen Armpaddeln meines Freundes landeten wir mit der Strömung auf den Steinen der Insel. Und robbten mit den Gummireifen am Popo wie Einsiedlerkrebse über die glitschigen Steine. Die anderen Limmatrutschenden hatten sichtlich Spaß. Aber kaum waren wir wieder auf Kurs, lief es echt gut.

Das Limmatrutschen ist wirklich eine super Art, den Sommer zu genießen: Da sitzt man ganz gediegen wie in einem bequemen Sessel drin, der Popo wird von einem Netz gehalten, ist aber im Wasser und kühlt etwas den Körper. Die Beine sind über die „Reling“ ins Wasser gelassen und die Arme treiben fast schwerelos im Fluss. Dazu strahlte die Sonne über unsere Köpfen, mein Freund schlürfte sein Bierchen, während wir uns beide in unseren aneinander geknoteten Gummireifen auf der Limmat drehten. Die Strömung war recht langsam, manchmal wirklich wie auf einem ruhigen See, manchmal aber etwas rauer mit kleinen Wellen. Auch wenn ich n bißl Schiss hatte, dass wir durch die Strömung im Dickicht oder an den Felsensteinen am Ufer landen, hat mein Freund, der Kapitän, das Schlimmste mit einem galanten Armpaddler verhindert.

Wir waren auch nicht alleine unterwegs: Es waren eine Menge Gummiboote (sehr beliebt war das Model Seahawk 4), Kanus, Surfbretter, Luftmatratzen, Einhörner und Gummireifen unterwegs. Vor uns war ein Gummiboot, hinter uns eine Armada der restlichen Limmatrutschunterladen. Am Ufer schwammen viele Wasserratten (also badefreudige Menschen), grillten Freunde und Familien, badeten Rentner. Obwohl es wirklich kaum ein Plätzchen ohne Badewütigen gab, war es nicht voll, sondern hat sich schön am grünen Uferrand verteilt.

Und als ich da so mit den Beinen plantschte (und meinen Freund erschreckte, der mag ja das kalte Wasser nicht so) und die Sonne unsere Nasen kitzelte, da segelten mehrere große, gelb-schwarz gestreifte Libellen über uns hinweg. Die ein oder andere Libelle nutzte mein Knie als Mitfahrgelegenheit und ließ sich mit uns treiben. Es war einfach nur herrlich.

Nachdem wir bei der Werd-Insel die Gummireifen kurz übers Wehr getragen haben, ging es danach gemütlich in den kleinen Wogen der dunkelblauen, aber glasklaren Limmat weiter gen Dietikon. Vorbei an grünen Grasufern, alten Bauernhäusern, an schmalen Steinstränden, an dunkelgrünen, schattigen Bäumen und einer Fähre mit einem gelben Sonnenschirm. Über uns der stahlblaue Himmel mit der strahlenden Sonne. Wir sind unter mehreren Brücken durch, an schnelleren Strömungen vorbei, wo die Limmatwellen weiß aufschäumten, oder an flachen Strudeln, die unsere Gummireifen sanft drehten wie Teetassen. So lässt sich der Sommer aushalten, keine Frage. Und es ist die bequemste Art des sommerlichen Reisens, die ich je gemacht habe.

Wenn ich wirklich total abkühlen gewollt hätte, hätte ich mich in die Limmat fallen und mitschwimmen können. Ich hab mit dem Gedanken gespielt, wollt mich aber dann doch nicht, elegant wie ein Seeelefant, zurück in den Gummireifen quetschen. Vielleicht das nächste Mal.

Limmatrutschen

Nach über drei Stunden Treiben lassen sind wir an einer kleinen Liegewiese im Dietikon mit den anderen Limmatrutschern ausgestiegen und haben unsere Popos und die Reifen trocknen lassen. Dann ging es ganz gemütlich mit dem Zug zurück, 15 min bis ungefähr zu der Stelle, an der wir eingestiegen sind.

Wenn man sich auf der Limmat treiben lässt, ist man wie in einer anderen Welt. Alles ist langsamer, gemütlicher, hat ab und zu seine Aufregung mit etwas Strömung, aber danach geht’s ganz ruhig und gediegen weiter. Man lässt auch seine Gedanken ziehen, denn man muss hier an gar nichts denken, außer daran, es sich gut gehen zu lassen.

Wie ihr sicher gemerkt habt, gibt es leider noch keine Bilder von der Tour. Wir wollten nicht das Risiko eingehen, dass das Handy im angeblich wasserdichten Transportsack doch nass wird. Deswegen holen wir uns für das nächste Mal eine Einwegkamera (ja, mit so Film, den ich entwickeln lassen muss, um danach die Fotos einzuscannen, voll old school).

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