Nach dem Frühstück im La Grignote, dieses mal einem authentisch französischem Bistro mit allerlei lecker, selbst gebackener französischer Backwaren, ging es durch den Regen (ja, Regen!!) die US-1 wieder zurück über die Keys, vorbei an dem türkis-blauen-(heute)grauen Meer mit zig Fischerbötchen und Anglern, die ihr Glück versuchten. Am Anfang der Seven-Miles-Bridge haben wir kurz einen Fotostop eingelegt, bei dem ich viele viele tolle Muscheln am Strand gesehen habe. Lukas hat dann die Fotos gemacht. So schön, trotz Regen kein bisschen kalt.
Wir sind dann direkt zum südlichen Eingang des Everglades National Parks gefahren, dem Ernest F. Coe Visitor Center bei Florida City, wo man wirklich viel über die Fauna und Flora in den Sümpfen der Everglades erfährt. Ein Blick lohnt sich, die Info ist ausreichend und übersichtlich und ausserdem gibt es noch Ranger, die gern Fragen beantworten. Vom Visitor Center sind es nochmal 500 m bis zum Eingang, wo man pro Auto eine Eintrittsgebühr von $25 bezahlt, die aber sechs Tage gültig ist. Ist ja für einen guten Zweck. Wir haben gleich mal am Touri-Stop Nr. 1 angehalten, Royal Palm, von dem die Rangerin im Visitor Center meinte, dass man da garantiert Alligatoren sieht. Wir so, naja, werden wir ja merken.

Royal Palm mit dem Anhinga Trail und dem Gumbo Lie Trail (jeweils 30 min ca.) ist gleich am Parkanfang. Vom Parkplatz aus kommt man sofort an eine Art Teich mit Flussbett, das dann in die Weite der Everglades verschwindet bzw. in einen anderen grösseren Teich mündet. Aussen herum wachsen kleine Mangrovenbäumchen und hohes Schilf, das typisch für die Region ist. Ein echt toller Anblick: Wilde Natur pur. Und die Rangerin im Visitor Center hatte Recht: wir haben Alligatoren gesehen und das nicht zu wenig. Sie haben sich am Rand versteckt oder schwammen gediegen durch das seichte Gewässer.
Ach ja, da war kein wirklicher Zaun, der ein Hindernis für die Tierchen gewesen wäre. Auch wen die Alligatoren echt behäbig wirken, können sie, so haben wir es erst später erfahren, von blitzschnell bis zu 25km/h rennen. Und das von jetzt auf gleich. Hätte man den Pennern in der Sonne nicht zugetraut.
Aber die Everglades haben noch mehr zu bieten: Wir haben auch Anhingas (Schlangenhalsvogel) gesehen. Das sind Vögel, die keine Fettdrüse haben, aber tauchend Fische jagen. Mit der Konsequenz, dass ihre Federn aussehen wie Fell und somit regelmässig getrocknet werden müssen. Dafür lungern die Anhingas dann breiflügelig auf den Ästen rum und geben dabei seltsam röhrende Quaklaute von sich.

Wir haben einen auch tauchen gesehen und der Vogel schwimmt voll elegant wie ein Fisch unter den Seerosen durch, steckt ab und zu seinen Kopf aus dem Wasser, um dann wieder galant zu verschwinden. Genau dann, wenn man den Fotoapparat gezückt hat und abdrücken wollte…
Dann haben wir noch viele verschiedene Fische in den Teichen gesehen, in allerlei Grössen und Farben. Am markantesten ist der Florida-Hecht mit seiner Grösse und Punkten. Und es gab viele Schildkröten, die entweder in der Sonne gechillt oder frech gelbe Seerosenknospen angefressen haben und sie dann so stehen liessen. Das sah vielleicht aus… Wir hatten auch das Glück, dass ein weisser Reiher keine 2 m neben uns auf der Reling des Weges gelandet ist und wir schöne Fotos machen konnten. Zudem gibt es hier auch grosse, wunderschöne Schmetterlinge, lustig bunte Riesengrashüpfer, bei denen Flip glatt neidisch würde, viele kleine Eidechsen und Geckos sowie Raubvögel, die über den Sümpfen am hellblauen Himmel ihre Kreise ziehen. Lukas hätte gern noch den Florida Panther gesehen, aber der ist wohl eher nachtaktiv. Dafür hat er mit den Alligatoren, die seelenruhig im Tümpel oder am Rasen rumlagen Selfies gemacht…. Wie gesagt, da war kein Zaun, nur ne kleine Mauer. Und Alligatoren können auch so hoch wie ihre Körpergrösse springen.
Was mir hier besonders aufgefallen ist, war die Ruhe und der Respekt, den die Besucher hier an den Tag legten. Es wurde leise gesprochen und auf entdeckte Tiere hingewiesen, man machte mit Abstand Fotos und verhielt sich allgemein sehr andächtig gegenüber der Natur. Bis auf eine kleine Prinzessinnen-Rotzgöre, die dann den Park zusammen schrie: A crocodile, a crocodile! Leider waren es Alligatoren und es gab kein Krokodil wie bei Peter Pan…
Wir sind dann die Strasse bis zum Ende nach Flamingo gefahren. Die Landschaft ist hier recht wiederholend, hohes Gras, weite Ebene, vereinzelte Bäume, Büsche oder Palmen und Wälder, die den Strassenrand säumen. Ab und zu gibt es mal einen Teich, einen Wanderweg, eine Abzweigung zu Aussichtspunkten.
Flamingo ist der südlichste Punkt der Everglades (die übrigens noch viel mehr von Florida bedeckten, bis die Siedler kamen und das Land für trocken legten, um Miami zu bauen…). Am rosa Visitor Center gibt es einen traumhaften Blick in das weite Meer.
Leider war es hier etwas sehr muffig und verdreckt, weil da wohl das Abwasser von ganz Florida landet und sich Schaum in den kleinen Häfen für Kanus und Minimotorboote bildet. So schön die Aussicht auch ist, so traurig war ich, als ich die Seekuh in dem Wasser gesehen hab. So niedlich, die Seekuh, aber sie hatte sich an ein Gulli festgeguckt, weil es da wohl was faszinierendes gab.

Sonst gibt es in Flamingo leider nicht viel: Hier ist der Einstieg für Kanu-Touren, der Mini-Hafen und das Visitor Center, das nochmal zeigt, welche Schäden die Hurricanes Katharina, Wilma und Irma in den letzten Jahren angerichtet haben. Das war sehr viel, denn dieses Visitor Center wirkte etwas herunter gekommen, wie auch der kleine Hafen und andere Trails, wie der Mangroventrail am West Lake. Der war trocken gelegt, die Aussichtsterrasse war verdreht und verschwand im Wasser. Dennoch sah man, wie langsam Leben in den Wald zurück kommt, denn hier und da gab es neues frisches Grün, die Vögel piepsten und Eidechsen huschten über den Steg, wollten sich mit den roten Socken von Lukas anlegen und machen bedrohliche Liegestützen nach oben und blähen den Hals auf.

Der Ausblick Pa-Hay-Okee war jetzt leider ebenso mitgenommen. Dafür zeigt der die wunderschöne Weite der Everglades nochmals. Mit etwas Geduld sieht man ein paar Vögel oder auch wieder Eidechsen.
Nach den ersten Eindrücken und unserem Glück mit den vielen Alligatoren haben wir in Florida City übernachtet, um am nächsten Morgen im Norden, die US-41, durch die Everglades zu fahren. Erster Stop war der von meinem Freund favorisierte Gator Park. „Park“ ist jetzt übertrieben, denn es ist eher eine etwas heruntergekommene Touristenbude mit beigem, gelben oder grünem (?) Anstrich von anno dazu mal, vielen Klischee-Touristen (ich sag: nur regenbogenfarbenschimmernde Gürteltasche) und vielem Tourischnickschnack wie Imbiss und Klimmbimm. Warum wir dann da halten? Wegen der Air Boat Tour. Davon gibt es an der US-41 mehrere Anbieter, Vergleichen lohnt sich, denn man kann auch eine Privat-Tour buchen, die kostet dann aber gut $300 pro Nase und keine $20. Wir hatten wieder Glück und das einzige Air Boat mit nach oben versetzten Sitzreihen, das heisst, jede Reihe konnte über die Köpfe der Vorderreihe schauen.
Sobald wir die orangen Ohrstöpsel drin hatten ging es eher bedächtig los, da es hier im Kanal zum Park, der von Dickicht und Mangroven gesäumt war, schon vor Tieren wimmelte: Graureiher, Anhingas, Alligatoren, Schildkröten und sogar ein Baby Alligator. Der war so 30 cm grossund laut unserem Guide schon über ein Jahr alt. Die Tierchen können bis 40 Jahre alt und an die 6 m lang werden, dabei ist das Gehirn so gross wie ein Golfball. Naja, die ham halt andere Prioritäten wie Gammeln und Fressen.
Dann ging es rechts ab und der Dschungelgang öffnete sich in eine grasige Sumpfweite. Vor uns der natürliche Wasserkanal, links und rechts beige-grünes Schilf und Gras, dazwischen einzelne Vögel oder gar Vogelscharen, die vom Air Boat aufgeschreckt wurden und davon flogen, um Kreise zu drehen, und sich dann wieder an die gleiche Stelle zu setzen.
Jedes Mal, wenn ein Tier oder Tiere in der Nähe waren, hat der Guide die Geschwindigkeit sehr gedrosselt und ist an den Tieren vorbei geschwommen. Aber wenn mal freie Fahrt möglich war, wurde Gas gegeben, aber nicht übertrieben. Und dann ist es schon ein cooles Gefühl, so durch die Everglades zu schippern, mit dem Fahrtwind um die Nase, dem vorbei rauschenden Schilf, den natürlichen Wasserstrassen, in den sich der blaue Himmel mit Schäfchenwolken spiegelt.
Auf dem Rückweg zum Dschungelkanal hat der Guide uns noch ein Nest mit drei Reiherküken gezeigt, die in 19 Tagen so aussehen wie ihre Eltern (voll krass), wir haben noch mehr Alligatoren und Schildkröten gesehen. Als es ein paar Tropfen regnete, rissen die Touristen vor uns ihre Regenjacken aus den Rucksäcken und zogen sie rasch an. Keine 3 min später war es wieder trocken, aber war schon witzig… Als wir zurück gekommen sind, gab es eine Alligatorenshow mit ein paar Fakten zu Alligatoren. Die kann man auch sein lassen, denn die Tiere sind angefüttert und liegen in einem Sandgehege rum, und der „Ranger“ erzählt mit gelangweilter Routine die Infos.
Aber wer schon in den Everglades ist, sollte sich das mit der Air Boat Tour überlegen. Es ist wirklich ein fantastisches Erlebnis und man sieht die Sümpfe aus einer ganz anderen Perspektive, die man nicht von Spaziertrails erleben kann. Ausserdem sieht man mit Glück viele Tiere.
Unser nächster Stop war Shark Valley, das auch zum Nationalpark gehört. Hier kann man eine Tram-Tour auf einer geteerten Strasse entlang eines Flussbettes machen, oder mit Fahrrädern (Miete: $9/h) da entlang fahren oder, wie wir, gemütlich entlang spazieren und den Kopf immer wieder nach rechts halten, auf Entdeckungstour nach einem Tierchen. Am Ende der 11 km langen Strasse gibt es einen Aussichtsturm. Natürlich sind wir nicht bis zum Ende gelaufen, aber haben wohl gut die Hälfte geschafft. Die Schwüle macht einem schon etwas zu schaffen, aber dafür lenken die ganzen spannenden Entdeckungen im Flussbett mit seinem Schild, Seerosenblättern, Mangroven, Ästen und Büschen ab.
Wir haben wieder Anhingas und Reiher, viele Fische und Schildes beim Sonnenbaden gesehen, auch viele Alligatoren, die keine 3m vom Wegesrand (dieses Mal ohne Zaun) am seichten Ufer lagen und sich „bräunten“. Ganz aufregend waren die drei kleinen Baby-Alligatoren, die wie in einer Gang den Fluss entlang geschwommen sind. So Zucker.
Auf dem etwas abseits und matschigen Otter-Trail haben wir nur Löcher im Kalkboden, eine Eidechse gesehen und ich hab keinen Fischotter gesehen und auch nicht den einen Ast nicht. Bäm. Passiert mir halt.
Auf dem Rückweg haben wir an einer anderen Stelle des Flussbetts auch einen toten Alligator gesehen. Der schwamm wie ein toter Fisch mit dem Bauch nach oben und müffelte etwas. Wir denken, dass die Ranger das wissen und ihn liegen bzw. Schwimmen liessen, um nicht in das natürliche Ökosystem einzugreifen.
Insgesamt fand ich die Everglades echt ein wunderschönes Naturspektakel, und hätte nie gedacht, dass wir so viele Tiere sehen. Die Sümpfe mit ihren Flussbetten und Schilfufern und die Teiche mit ihren Wäldern aus Seerosen sehen einfach zauberhaft aus und man freut sich einfach, so viel buntes Tierleben zu entdecken.
Schwitzend ging es dann zurück zum Auto und langsam zu unserem nächsten Roadtrip-Stop: Sanibel Island.