Für uns ging es dann weiter die Riveroad LA18 entlang, bis das Navi meinte „Hier links“ und wir am Ende einer Brücke ankamen, die nicht mehr da war. Anscheinend wurde die nach dem letzten Sturm nicht mehr aufgebaut, also ging es weiter die richtig befestigte Landstrasse entlang, bis wir wieder auf der Interstate 10 waren, die uns nach New Orleans führte, oder NOLA (New Orleans, LouisianA), wie die Einheimischen hier liebevoll sagen. Und kurz bevor wir uns in den Stadtverkehr stürzten, haben wir noch n Besuch abgestattet, der längst überfällig war: in der Cheesecake Factory. Eine Restaurantkette, die ihrem Namen alle Ehre macht, bei der man aber auch „herzhaft und normal“ essen kann (Burger etc.). Aber der Laden bietet halt echt so 30 Sorten Käsekuchen in den verrücktesten Varianten an. Wir hatten weisse Schoki Himbeere und Mango Limone – boah war mir schlecht, sehr süss, auch die Schlagsahne oben drauf.
Danach sind wir durch die doch leicht verwirrenden Strassen von New Orleans zu unserer zu unserer FeWo gefahren. Und die Ernüchterung kam und liess meine Vorfreude auf die Stadt versickern. Die Strassen im Viertel Tremé hatten Vorstadtcharakter und wirkten leicht herunter gekommen. Gut, man darf nicht vergessen, dass Katrina hier wirklich alles platt gemacht hat und die Leute alles aus dem Nichts neu aufbauen mussten. Und klar gab es hier viele schöne Einfamilienhäuschen aus farbig angemaltem Holz, mit weissen, hübsch geschnitzten Holzornamenten, aber auch viele herunter gekommene Ecken, wo man Katarinas Einfluss noch sehen kann. Gefühlt hat Katrina aber auch was von dem Stadtcharme mitgenommen. Es ist schwer zu beschreiben, die Bilder sagen etwas mehr.
An unserer FeWo wurden wir freundlich begrüsst und die Gastgeberin hat uns die gemütlich eingerichteten Zimmer in einem kleinen Hintergartenhäuschen gezeigt. Die kleine FeWo lag zwar nah am Zentrum, aber es war zu weit (und unsicher) zum zu Fuss Gehen. Daher sind wir immer mit dem Auto gefahren, auch wenn es nicht mal 10 min bis zum Rand vom French Quarter war.
Das Gute ist, dass man da im Zentrum ab so 19 Uhr kostenlos parken kann, sonst läppert es sich. Und an der Esplanade Avenue kann man tagsüber 2 Stunden sicher kostenlos parken. Also sind wir durch eine Seitenstrasse in das berühmteste Viertel der Stadt. Ins Auge fallen gleich die kleinen, historischen Holzhäuschen, auf die sich in den engen Gassen aneinander quetschen und in pastellfarben und verschiedenen Holzverzierungen unterscheiden. Ebenso reizvoll sind die vielen gusseisernen, runden Balkone, die den Häusern ihren besonderen Charme verleihen, so wie man es aus Filmen und von Postkarten kennt. An der Hauptstrasse – Bourbon Street – gibt es echt schöne Gebäude aus dem 17. Jahrhundert, bei denen die verschnörkelten Balkone rund um die Fassade reichen und voll mit blühenden Blumen geschmückt sind.
Zwischen all den alten Bauten gab die Bourbon Street und ihre Seitenstrassen gen Westen teils den kontrastreichem Blick auf die gläsernen und metallartigen Wolkenkratzer des Bankenviertels frei. Fand ich voll super. Als wir so durch die Strassen vom French Quarter tüdelten, sind wir im Süden neben dem French Market rausgekommen, wo man an allerlei Geschäfte vorbei bummeln kann. Etwas weiter endet das Viertel, weil da der Fluss kommt. Aber das heisst nicht, dass es nichts mehr zu sehen gibt, im Gegenteil. Wir sind auf dem Moon Walk gelandet, einem Damm mit Fussweg und Aussicht: Zur einen Seite liegt der majestätische Mississippi mit den typischen Schaufelraddampfern und auf der anderen Seite, hinter den Gleisen baut sich das French Quarter auf, mit dem Jackson Square und der St. Louis Church im Mittelpunkt. Postkartenfotoalarm – egal ob tagsüber oder im Sonnenuntergang. Im Licht der untergehenden Sonne bekommt das French Quarter einen goldrosaorangefarbenen Schimmer und strahlt in einem besonderen Charme.
Egal, wann, am besten lässt man sich treiben, denn so gross is das Viertel nun auch nicht. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass man in den äusseren Gassen des French Quarters noch eher das ursprüngliche Viertel kennenlernen und entdecken kann, wo es ruhig ist, wo junge Leute auf der Strasse Ball spielen, wo Anwohner vor ihrem Haus sitzen und wo nicht all zu viele Touristen durch die Gassen schlendern. Hier kann man die Geschichte noch spüren, es gab ein verstecktes Kloster und andere interessante Gebäude, ich hätte fast jedes Haus fotografieren können, weil jedes so einmalig hübsch war.
Aber je näher wir ins Zentrum gekommen sind, also hinter den Jackson Square, desto mehr haben wir gemerkt, dass das French Quarter ein sehr belebtes Viertel ist, vor allem um die berüchtigte Bourbon Street. Hier reihen sich eine Bar, Kneipe, Restaurant und Touri-Laden nach dem anderen aneinander, es ist für jede Preisklasse dabei. Diese Bourbon Street ist die Partymeile und im Februar Karnevalsmeile, da marschieren am Mardi Gras die Umzüge lang, von den Fenstern und Balkonen jubeln und feiern Partypeople und verteilen bunte metallene Perlenketten an die Mädels (was in Kölle s Bützche is, is hier die Perlenkette, wenn ihr wisst, was ich meine).
Und wenn kein Karneval ist, tummeln sich hier die Touristen, die schon tagsüber mit Badestrandflair, ihren Bierdosen oder 1-Meter-grossen Cocktailbechern Ibiza- und Malle-Feeling (à la Schinkenstrasse) aufkommen lassen, und an jeder Ecke tüdelt ein anderer Strassenmusiker. Es gibt Fahrradrikschas und Pferdekutschen, alles wirkte auf den zweiten Blick etwas usselig, es müffelte nach Pferdedung und anderem in den Strassen wie im 19. Jahrhundert, und an manchen Ecken sammelten sich Obdachlose und tauschten mehr als nur Bier aus. Kurz: Der Partymeilencharakter hat meine Vorfreude und Erwartungen für das French Quarter und New Orleans erst mal recht ernüchtern lassen. Ich hab mich nicht wohl gefühlt. Kennt ihr das?
Normalerweise hat jede Stadt Ihren einzigartigen Charakter, Charme und Flair, aber hier im Zentrum von New Orleans, hier hab ich nichts gespürt, keine Ausstrahlung, keine Anziehungskraft, nichts. Fand ich irgendwie erschreckend. Vielleicht hat noch die Tatsache reingespielt, dass man sich in New Orleans nach Sonnenuntergang nicht mehr zu Fuss bewegen soll – ausser im French Quarter. Heisst, man kann sich hier mit Taxi von A nach B bewegen oder Partyfeeling erleben. Irgendwie hat das für mich auch nicht gerade zum Wohlfühlcharakter beigetragen. Kannste nix machen. Mit Einbruch der Dunkelheit sind wir zurück in die Ferienwohnung. Und für den nächsten Tag haben wir dann eine Swamp Tour gebucht. Wir ham halt das Beste draus gemacht.