Anreise nach Hawaii

… oder „Der Sitz am Gang“.

Sitzt ihr im Flieger lieber am Gang oder am Fenster? Normalerweise bin ich ein bekennender Fenstersitzer, weil man dann rausgucken und Seiten der Erde aus Vogelperspektive sehen kann, die man sonst nie oder nie so zu Gesicht bekommen würde. Ausserdem hat die unendliche blaue Weite mit Blick bis zum Horizont etwas von einer beruhigenden Freiheit für mich. Wie gesagt – normalerweise sitze ich sehr gern am Fenster und mache Fotos – von draussen oder von Lukas, wenn er schläft. Nur bei unserer Reise nach Hawaii war das anders. Ich bin dieses Mal allein geflogen, weil mein Freund mit seinem Bruder noch auf seinem Extratrip war. Jap, ich allein – eine Reise von 21 Stunden… allerdings mit Umsteigen in San Francisco.

Nun ja, da man in diesen Langstreckenfliegern meistens in 3er- oder 4er-Reihen sitzt, wollte ich bei dem 12 Stunden nach San Francisco meine Sitznachbarn nicht regelmäßig für meinen Klogang hochscheuchen. Ausserdem kannte ich die Strecke ja schon aus der Vogelperspektive von unserer Reise von vor gut 4 Jahren. Also habe ich mir einen Gangsitz beim Check-in ausgesucht, soweit vorn wie möglich. Dann bin ich schnell auf m Klo und eher aus dem Flieger ausgestiegen als wenn ich am Fenster hocke. Der Plan klang gut für mich. 

Ich hab inständig darum gebeten, bitte keine Dauerpinkler oder Schnarcher neben mir sitzen zu haben oder so Quasselstrippen, die dir in der ersten halben Stunde schon das Ohr abkauen. Ich muss sagen, dass sich die beiden Herren neben mir super benommen haben, nur einer musste einmal in den 12 Stunden Flug auf Klo, da war ich auch gerade unterwegs und sonst kein Pieps, kein Schnarcher, kein Ton. Nur ein „Merci“ als ich den Klorückkehrer wieder auf seinen Platz liess. Also alles Dobrze. Auf der rechten Seite.

Zu meiner linken Seite war der Gang. Alter Falter, Leute, ihr wisst nicht, wie oft ich angestumbt (von Oberschenken, Hüften, Hintern, Armen… ) wurde und wie viele Hintern, Bäuche und Gürtelschnallen ich gesehen habe?? Einmal ist die Flugbegleiterin neben mir hinter ihrem Trolley in die Hocke gegangen und hat ihre Bluse neu geknöpft. Das andere Mal gab es im wirklich engen Gang Gegenverkehr und die eine lehnte sich soweit über meinen Schoss, dass sie sich hätte fast setzen können.

Und Junge, laufen diese Amerikaner den Gang rauf und runter, wie Tiger im Käfig – oder eher gut genährte Bären. Nein, ein enger Gang und amerikanische Fülligkeit harmonieren nicht so ganz. 

Genauso wenig wie ein schiefer, schmaler Tisch, ein rutschiges Tablette und keine Ablagefläche für Besteck oder Getränkebecher. Bei mir machte es nur „Plöpp“ und unten lag die geschlossene Wasserflasche, die mir mein Sitznachbar liebevoll mit dem Fuss abfing und zuschob. Kurz darauf macht es wieder „Plöpp“: Dieses Mal war es die Gabel, die sich auf meinen Sitz und fast darunter verabschiedete. Ich war noch nicht fertig mit essen, ich wollte was trinken und habe meine Gabel kurz aus den Augen gelassen. Zudem gab es den ein oder anderen Hintern oder so, die am Gang vorbei tigerten und mich anstubste… Aber ja, das Essen hat geschmeckt.

Was ich bis heut nicht so ganz verstanden habe, ist, wie man sich als kleiner 1,60m grosser Mensch den Sitz in einem eh viel zu engen Flugzeug noch nach hinten lehnen muss? Ihr habt doch eine Art Beinfreiheit, während ich bei meinen 1,80 meine Knie entweder nach links oder rechts vom Vordersitz quetschten musste oder so gut es ging unter dem Sitz und auf dem Gang ausstreckte. Bis der nächste Trolley kam oder Flugbegleiter oder Fluggast. 

Aber ich muss sagen, dank dem guten Unterhaltungsprogramm („The marvelous Mrs. Maisel“, 8 Stunden) ging der Flug recht rasch vorbei. 

Beim Aussteigen nach der Landung in San Francisco wurde es nochmals eng, denn alle anderen Gangsitzer sprangen auf – wie ich – und die störte es wenig, dass ich da stand. Nee, trotz recht ausgeprägten Bewegungsmangels wurden die Trolleys und Taschen aus den Gepäckfächern rausgeholt. Man hätte glauben können, dass die dicht gedrängten Mengen die noch sitzenden Gäste zum Warten animieren würde, aber nope. Auch hier drängte man sich noch dazwischen. Faszinierend. 

San Francisco Airport im Sonnenuntergang

Nun gut, ich war glücklich in San Francisco gelandet. Das Flugzeug leerte sich zügig und der Weg zur Einreisekontrolle war kurz. Dort warteten an die 50 Automaten, die den Pass, Fingerabdrücke und Flugnummer überprüften und ein wunderschönes Fahndungsfoto von jedem schoss. So schön. Und danach noch ungefähr 500 andere Fluggäste, die geduldig in Schlangenlinien mit ihrem Mug-Shot (Fahndungsbildchen) und Pass in der Hand auf die Schalterkontrolle warteten. Gott sei Dank hab ich ein echt nettes Mädel aus Österreich kennengelernt, das auch in der Schlange wartete, wie manche beim Aldi an der Kasse. Und so ging die 1 Stunde Warten und in Reihen hinter den anderen hertingeln rum wie nix. Ich wurde mit drei Fragen und einem Stempel recht zügig abgefertigt und habe dann meinen Koffer, der schön in einer Reihe aufgestellt mit anderen Gepäckstücken auf mich wartete, aus der Zwergengruppe abgeholt, um ihn gleich wieder hinter der Zolltür einem wirklich enthusiastischen Herren zu übergeben. So im Nachhinein glaube ich, dass der Herr mit offenen Augen geschlafen hat, er hatte so schön ins Nichts gestarrt, dass ich dachte, wir erschrecken ihn mit unserem „Hi“. Egal, das Mädel und ich hatten es geschafft, wir waren erfolgreich in die USA eingereist, und warteten gemeinsam auf unsere Anschlussflüge – sie nach Reno, ich nach Honolulu. Bei dem Flug sass ich wieder am Gang… dieses Mal gab es kein Essen mit Besteck. Dafür viele Toilettengänger, die den engen Gang zu meiner Linken seitwärts nach vorne zu engen Toilettenkabine schritten. Und wenn man selbst für sein Unterhaltungsangebot verantwortlich ist, dann ist so ein Sechs-Stunden-Flug lang, verdammt lang…

Da hilft es auch nichts, wenn man mal 5 Minuten mit dem Ausfüllen des Zollformulars beschäftigt ist. Da kreuzt oder malt das Betreffende an und gibt seine (erste) Hawaii-Adresse an. Man darf eh keine Tiere, Früchte, Gemüse oder Seuchen einführen. Wie gesagt, sechs Stunden durch das Dunkel der Nacht schweben, das dauert. Und im Ohr singt Ben Howard seine Balladen…

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