Edinburgh – my Scottish home (1)

Zugegeben, dieser Ausflug in Schottlands Hauptstadt, ist schon eine Weile her. Aber gerade weil Edinburgh (gesprochen „Edinberrow“) eine der schönsten Städte der Welt ist – jedenfalls für meine Kollegin und mich – ist sie es wert, beschrieben zu werden.

Warum ist Edinburgh so schön? Weil es so ist. Ganz einfach. Stellt auch das mal so vor: Ihr steht auf der Waverley Bridge mit dem Bahnhof hinter euch, vor euch die Gleise und Princes Street Garden – ein Park, der Old und New Town trennt. Zu eurer Linken thront die Old Town auf steilen Hügeln mit hohen, grauen Graphithäusern, engen, verwinkelten Gassen mit Kopfsteinpflaster, steilen Treppen und versteckten Wegen, mit Kirchtürmen und dem Edinburgh Castle, von dem die Royal Mile, die Flaniermeile der Könige (heute der Touris), bis zum Schloss Holyrood führt. Alles wirkt urig, eng, alt, teils usselig. Ich liebe diesen Teil der Stadt. Zu eurer Rechten zeigt sich Edinburgh von einer ganz anderen Seite: das schwarze Sir Walter Scott Monument, das einer Kirche gleicht, und dahinter New Town mit der Einkaufsstrasse Princes Street und den hellgelben Imperialbauten (18. Jahrhundert), mit denen reiche Kolonialkaufmänner protzten. Die Häuser sind einfach noch prachtvoll mit ihren hohen, weiss gerahmten Fenstern, den Treppen, die zu den bunten Eingangstüren führen und die separate Bediensteteneingänge im Keller haben. Viele nutzen die Treppen, um sie mit Pflanzen zu verzieren, was dem Ganzen noch mehr Charme verleiht. Die Strassen sind breit, die Häuser reihen sich sauber aneinander und versammeln sich um kleine Stadtparks. New Town hat etwas so Herrschaftliches, Punkvolles, das so sehr im Gegensatz zur knorrigen, dunklen Old Town steht. 

Die Waverley Bridge ist jedes Mal mein Start- und Endpunkt eines jeden Besuchs in Schottlands Hauptstadt. Auch bei meinem letzten Besuch mit meiner Kollegin, die genauso Schottland-verrückt wie ich ist. Was absolut gut ist. Wir kamen als mit dem Airbus-Shuttle (Linie A100, £7,50 Returnticket) bei strahlendem Sonnenschein und stahlblauem Himmel auf der Waverley Bridge an. Und grinsten beide wie Honigkuchenpferde, die gleich mal mit den Handys die ersten Fotos von altbekannten Fotoobjektiven machten. Ja, doppelt hält besser. Sobald wir beide ausgestiegen waren, waren wir daheim. Ein irrsinnig vertrautes Gefühl von Happiness und Angekommen (im übertragenen Sinn) stellte sich ein. Und da waren auch die 2 Stunden Flugverspätung am frühen Morgen auch glatt wieder vergessen. 

Old Town
New Town

Mit einem Grinsen im Gesicht, einer kalten Nasenspitze vom arschkalten Wind und fröhlichen Schrittes ging es zu unserer Unterkunft, dem Balmoral Guesthouse in der Pilgrin Street, 20 min zu Fuss vom Bahnhof. Das war ein echt süsses Guesthouse, sehr niedlich, in einer ruhigen Seitenstrasse mit einer Bushaltestelle fast direkt vor der Tür. Wir wurden sehr nett empfangen und durften auch schon in unser Zimmer, ganz oben, unterm Dach, mit einem Erker, Blümchenbettwasche, Sesseln und einfach urgemütlich und blitzeblank. 

Wir haben uns erstmal eingerichtet und uns auf das Wochenende vor uns gefreut. Einen Plan hatten wir nicht: Treiben lassen und Stadt geniessen, das war unsere Divise. Und am besten fängt man mit dem Stadtgeniessen auf dem Hausberg, dem Arthur’s Seat, an. Und am besten deckt man sich auch im nächstbesten Supermarkt mit den schottischen und englischen Köstlichkeiten ein, wie labbrige Sandwiches mit dubiosen Füllungen (Chicken, Pork Stage und Onion Stuffing), Chips, Limo, Twinkies, Cookies, Buttercups und Shortbread. YUM! Mit dem nächsten Starbuckskaffee ging es dann in Richtung Arthur’s Seat. Jedes Mal, wenn ich die letzten grauen Häuserreihen von Old Town hinter mir lasse und dann den mächtigen, dunklen Vulkan mit den grünen Wiesen vor mir sehe, geht mein Herz auf, wahrscheinlich weil ich weiss, welch wunderschöne Aussicht auf uns oben wartete. Meine Kollegin war vorher noch nie richtig oben, also ging es dieses Mal für sie ganz rauf.

Der Aufstieg ist echt nicht ohne, aber wenn man sich ab und an einfach mal umdreht, dann ist es das ganze Gehechel, die leichten Beinschmerzen und den Schweiss echt wert. Allein auf der weiten Ebene unterhalb der Vulkanspitze bietet sich eine atemberaubende Aussicht auf die Altstadt mit all ihrem Häusergewusel und dem darüber thronenden Castle und Kirchturmspitzen. Einfach genial. Hier haben wir nochmal Luft geholt, und dann ging es zum Endspurt auf die Spitze, was mehr Krackseln als Wandern war. Aber oben: WOW. Es zieht da oben wie Hechtsuppe, die Dohlen lassen sich im Wind treiben und stehlen den Touris, die da in Massen hocken, das Essen, aber WOW. Der Ausblick ist echt der Wahnsinn. Jedes Mal, dieser Rundblick bis zum Meer, zur Forth Bridge, zum hügeligen Hinterland. Hier haben wir unser Lunch with a View gehabt. Und wollten gar nicht mehr gehen. Wir waren einfach happy. 

Irgendwann wurde es dank der Hechtsuppe da oben doch etwas frisch und wir beschlossen, wieder nach unten zu klettern und uns durch die Stadt treiben zu lassen. Unser Weg führte uns über die Potterow vorbei an der McEwan Hall direkt zum nächsten Kaffeestand direkt zwischen den Universitätsgebäude der Uni Edinburgh, die sich hier verteilen, teils als schicke Neubauten, teils aber auch als mächtige, dunklegraue Imperialbauten aus dem 19. Jahrhundert.

Als wir da waren, war es gerade recht ruhig, wenige Studenten waren unterwegs, wahrscheinlich gerade in den Vorlesungen, aber gerade an dem kleinsten Kaffeestand weit und breit, bediente uns eine Deutsche. Wir haben trotzdem Englisch gesprochen, wir wollten ja nicht auffliegen. Mit dem wirklich absolut köstlichen Kaffee in der Hand ging es weiter über die riesigen Meadows bis zum Friedhof Greyfriars, ohne nicht vorher Bobby an der Nase zu rubbeln. Bobby ist die schottische Antwort auf Hachiko, ein Malteserhund, der nach dem Tod seines Herrchens jeden Tag an dessen Grab gelaufen ist, 14 Jahre lang, bis der Hund selbst über die Regenbogenbrücke ging. Seiner Treue zu Ehren wurde die kleine Statue gegenüber vom Eingang zum Greyfriars Churchyard aufgestellt. Und wenn man an seiner Nase reibt, soll das Glück bringen.

Der Friedhof wird zwar gern von Touris und Reisegruppen besucht, aber es verläuft sich ganz gut, vor allem der hintere Teil strahlte eine herrlich Ruhe aus, die an die Gothic Novels erinnerte, mit ihren vermoosten Steingrabmälern, Gruften mit Spinnweben und knöchrigen Bäumen. Einfach traumhaft. Unser Highlight war das Grab von Sirius Black (Patenonkel von Harry Potter…). 

Der Spaziergang führte uns weiter über den Grassmarket mit seinen bunten Pubs, an dessen unterem Ende eine steile Treppe bis rauf zum Edinburgh Castle geht, von der man einen wunderbaren Blick über die Dächer der Stadt bis zu den Hügeln im Süden hat. Vom Castle sind wir dann langsam die Royal Mile, die ehemalige Königsmeile, an den Tourishops vorbei getingelt, und haben dann einen Abstecher in mein absolutes Lieblingsmuseum der Stadt gemacht: dem Writers Museum.

Das ist nur anhand des Schriftstellerholzschildes, das über einem schmalen Durchgang (Lady Stair’s Close) zwischen zwei Shops hängt, erkennbar. Im Writers Museum wird das Leben DER drei grössten schottischen Schriftsteller ausgestellt: Robert Burns, der als erster auf Scots geschrieben hat; Sir Walter Scott, der den Historischen Roman erfunden hat (er schrieb u.a. „Ivenhoe“, „Rob Roy“ oder die Waverley Romane); und mein Favorit: Robert Louis Stevenson, der „Die Schatzinsel“ und „Dr. Jekyll und Mr Hyde“ geschrieben hat und sein halbes Leben in der Südsee mit der Frau seiner Träume (10 Jahre älter, geschieden mit 2 Kindern aus 1. Ehe – war damals voll der Skandal) verbrachte. Zudem werden noch weitere schottische Schriftsteller genannt, von denen ich auch ein paar Sachen lesen durfte, als ich in Aberdeen studierte. Die Ausstellung ist wirklich super, weil es auch persönliche Gegenstände der Männer zu sehen gibt. Vor allem von Robert Louis Stevenson gibt viele wunderbare Ausstellungsstücke und Fotos von seinen Reisen. 

Wenn man schon mal in Edinburgh ist, dann sollte man auch eine Geistertour mitmachen. Davon gibt es mehrere Anbieter, die auf der Royal Mile dafür Werbung machen. Obwohl meine Freundin schon mehrmals in der Hauptstadt war, hat sie so eine Spuk-Tour noch nie mitgemacht. Also hab ich sie davon überzeugt (bzw. dazu gebracht), dass wir das machen. Ich kannte sie schon von früher und deswegen sind wir zu den Auld Rekkie Tours in der Niddry Street gegangen und haben Karten für die Terror Tour (£16) um 22 Uhr am nächsten Tag geholt. Meine Freundin war ganz aufgeregt und fragte mich auf dem Rückweg zum Guesthouse ständig, was da passieren würde, ich müsse es ihr erzählen. Aber hab ich nicht. Sonst is ja der ganze Spass hin.  

Auf unserem Rückweg haben wir noch einen Zwischenstop gemacht, genau pünktlich zum Sonnenuntergang. Wir sind auf den Calton Hill, dem kleinen Hügel am Ende der Princes Street, auf dem das Observatorium steht. Hier oben wollte ich meiner Freundin nicht das Observatorium, sondern die fantastische Rundum-Aussicht auf die Stadt und die Bucht mit der Forth Bridge zeigen. Allein der Blick auf die Princes Street mit der Skyline von Old Town, den Kirchturmspitzen und dem Castle, und mit dem runden, antiken Denkmal von Dual Stewart im Vordergrund, dazu der nach Vanille duftende Stechginster und die goldenen Sonnenstrahlen des Tages, die durch die grauen Wolken brachen… das ist einfach grandios.

 

Calton Hill
Calton Hill

In dem goldenen Licht leuchtet auch die Fort Bridge in einem warmen Orangeton über der Bucht. Total glücklich haben wir uns auf eine Bank gesetzt, noch ein paar Leckereien aus dem Supermarkt gefuttert und die letzten Sonnenstrahlen des Tages genossen. 

Calton Hill

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