Zürich – Tag 3: Der Alte Botanische Garten

Tag 3 in Zürich sollte etwas ruhiger angegangen werden, weil die Tage davor schon voller Erlebnisse und Eindrücke waren. Durch Zufall habe ich von dem Alten Botanischen Garten direkt an der Sihl, dem anderen Fluss, der durch Zürich fließt, erfahren. Der Garten gehört zur Uni Zürich und ist eine kleine Oase für sich.

Blick auf den Botanischen Garten

Bei schönstem Herbstsonnenscheinwetter ging es auf direktem Weg zu dem Park. Natürlich nicht ohne die wunderschönen Jugendstilhäuser, die man direkt an den Hauptstraßen findet, zu bewundern. Manch einer hat sogar seinen Balkon liebevoll dekoriert. Vielleicht war aber auch für diese Quietschentchen kein Platz mehr in der Badewanne.

Balkondeko

Der Alte Botanische Garten der Uni Zürich liegt etwas versteckt, aber mitten in der Stadt und hat nur drei kleine Eingänge: Einen direkt an der Ecke Talstraße / Selnaubrücke mit einem torähnlichen Eingang. Der ist vielleicht nicht ganz zu verfehlen, wenn man sich am Völkerkundemuseum orientiert. Das liegt da nämlich direkt im Botanischen Garten. Ein zweiter Eingang am Anfang der Talstraße, der ist leicht zu übersehen und direkt in der Linkskurve. Man muss die Straße nur gerade aus durch das Gartentor gehen. Dann gibt’s noch einen am Badeweg. Das ist die kleine Gasse, die kurz vorm Talstraßeneingang rechts abgeht. Der letzte Eingang ist nur zu Fuß zu erreichen und kurz vor der Sihl geht’s links rein.

Botanischer Garten 1

Für mich ging’s durch den zweiten Eingang gleich mal direkt bergauf. Jap, der Botanische Garten ist eigentlich ein kleiner grünrotgelber Hügel mit schmalen, etwas holprigen Wegen und Treppen. Lasst euch hier einfach treiben, am besten der Sonne entgegen und hügelaufwärts. Denn einer dieser Wege führt zu einem quadratischen Platz, dem Gessner Garten, benannt nach dem Begründer des Alten Botanischen Gartens. Das ist ein wirkliches Sonnendeck, das ganz oben auf dem Hügel thront, mit einem wunderschönen kleinen Rosengarten und einem Blick auf die Stadt, nur ist es dieses Mal nicht der typische Touri-Blick, sondern anders, weil Hochhäuser im Weg stehen, aber es hat auch was. Ist ja auch egal, weil es hier echt ruhig ist. Einige Besucher haben sogar das Sonnendeck genutzt und ihre Mittagspause auf den Bänken verbracht.

Ich bin dann den Weg gegenüber wieder runter gegangen und der treppenartige Abgang führte auf ein zweites Plätzchen zum Auftanken: Eine Wiese, auf der überall Bänke verstreut waren, schön gen strahlender Sonne ausgerichtet. Die Wiese ist eine kleine Sackgasse, aber auf der anderen Seite führt der Weg vorbei an einem gläsernen Pavillon, mit tropischen Pflanzen beherbergt und ein klitzekleines bisschen an die Great Exhibition 1851 in London erinnerte. Ja, ok, mich jedenfalls. Die hatten damals etwas größere Pavillons, aber die hatten da auch exotische Pflanzen und so drin…

Pavillon

Ich hab mich dann auf eine der Bänke gesetzt, meine Nase in die Sonne gehalten und die wunderschönen Farben des Herbstes genossen. Auch hier herrscht eine friedliche Ruhe, auch wenn man dumpf das Rauschen der Stadt hört. Aber das ist gefühlt ganz weit weg. Irgendwie ist man hier wie in einer anderen Welt, einer kleinen grünen Insel, mit alten, verschrumpelten Bäumen, golden bedeckten Wegen, rot verzierten Zweigen als würde man wirklich im vorletzten Jahrhundert feststecken. Die Zeit wurde hier irgendwie zurückdreht, und jeder Besucher des Botanischen Gartens scheint sich dessen auch nur zu bewusst zu sein. Vielleicht es aber auch der Grund, warum die Besucher hier herkommen.

Botanischer Garten 4

Von der Sonnenwiese führen zwei Wege nach unten: Einer führt direkt zum Völkerkundemuseum, der andere schlängelt sich treppenartig nach unten, führt an einem riesigen Nadelbaum vorbei, der mich an die Sequoias in Kalifornien erinnerte. Schließlich teilte sich der schmale Weg: Links führt ebenfalls zum Völkerkundemuseum, rechts führt zu Fuße des Hügels um denselbigen herum. Ich bin aber erst mal nach links zum Museum (der Eintritt ist übrigens frei), an dem ein klassizistisches Häuschen lehnte, mit kleinen Büroräumen darin. Das alte Häuschen hatte was vom Institut für Germanistik in Jena und strahlte eine ebenso zeitlose Ruhe aus wie der Rest vom Park. Aber wie gesagt: Vielleicht es das der Zauber des Alten Botanischen Gartens, dass er die Zeit stehen bleiben lässt und zum Ruhen einlädt.

Volkskundemuseum

Botanischer Garten 2

Vor dem Völkerkundemuseum schläft ein alter, angelegter Teich, mit etwas Grünzeug in der Mitte. Doch was mich wirklich angezogen hat, waren die vielen goldenen Eichenblätter, die sich in mehreren Schichten auf der dunklen Wasseroberfläche des kleinen Sees sammelten. Sie tauchten den alten Teich in wunderschöne Farben und gaben ihm seinen ganz eigenen Herbstglanz. Ich habe mich auf einer der Bänke unter der alten Linde vor dem Museum gesetzt und die goldgelbe Collage auf mich wirken lassen.

Brunnencollage

Weil ich die kleine Oase noch nicht verlassen wollte und das Wetter viel zu schön für einen Museumsbesuch war, bin ich zurück und den schmalen Weg zum Fuße des Gartenhügels entlang gelaufen. Der Weg verläuft parallel zur Sihl, die unter mir, gefühlt drei Etagen tiefer, durch die Stadt rauscht. Als ich die goldgelbrot bestreuselten Wege entlang ging, kam ich an einer echt riesigen Linde vorbei, deren Zweige sich bis zum Boden neigten als wolle sie mit ihren knöchrigen Fingern die Fußgänger abhalten, den Botanischen Garten zu verlassen. Denn kurz dahinter ist der kleine Seitenausgang am Badeweg.

Botanischer Garten 3

Von hier aus bin ich eine stählerne Treppe runter zur Sihl gelaufen und entlang des Flusses bis zum Bahnhof Selnau und von dort über die Stauffacherbrücke an deren Enden auf hohen Steinsäulen sitzende Löwen Wache halten. Und von dort aus habe ich mich weiter durch die ruhigen Seitenstraßen der Stadt treiben lassen, anfangs noch parallel zur Hauptstraße mit der Straßenbahn. Bis ich mich dann etwas doch abseits gekommen bin.

Stauffacher Brücke

Ich war wohl etwas abgelenkt von den wunderschönen, bunten alten Häusern mit ihren farbigen Fensterläden, mit Holzbalken und Malereien unter dem Dach, mit Türmchen und reich verzierten Erkern, mit den letzten begrünten gusseisernen Balkonen. Jap, ich war wohl auch abgelenkt von den kleinen Alleen mit ihren grünen buschigen Bäumen, die trotzdem einen Blätterregen aus Gold auf die Straße rieseln lassen, abgelenkt von den Minivorgärten, in denen die letzten Blüten gen Sonne zwischen den braun werdenden Blättern leuchteten, in denen Katzen in aller Seelenruhe das wenige Geschehen auf den Straße beobachteten, in denen alte Männer sich zum Plauschen an der Straßenecke anhielten. Hier habe ich mich im Zickzack treiben lassen, hab an jeder Straßenecke geschaut, wo es schön ist, und bin dort hin.

Balkone Züris

Miezi

Straßen Züris

Diese Seitenstraßen Zürichs hatten auch etwas von dem Zauber des Alten Botanischen Gartens: Auch hier ist die Zeit stehen geblieben, auch hier herrschte eine seltsame, aber heimelige Ruhe, die einen gar nicht mehr losgelassen hat.

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