Schnuckeliges Winter Park und grölendes Fuuussbaaall

Nach unseren 3 Tagen Disney Vollgas war am Tag danach etwas Entspannung mit Kontrastprogramm angesagt. Erst haben wir unsere Klamotten durchgewaschen und waren erstaunt, dass die Maschine nur 36 min und der Trockner nur 45 min brauchten. Echt jetzt. Wir haben den Typen von der Rezeption etwas verwirrt, auch wenn er zugegeben, dass er keine Wäsche macht und daher keine Ahnung von Waschzeiten hat (*narf*).

Danach ging es gediegen in ein kleines Städtchen nördlich von Orlando namens Winter Park. Das ist eine halbe Stunde entfernt und leicht zu erreichen. Hier ist die Welt noch in Ordnung, viele hübsche Einfamilienhäuser, mit gepflegten Vorgärten und Einfahrten, in denen Familienfeiern stattfanden, Bäume reihen sich in Alleen und deren buschigen Äste rahmen die Strasse ein. Das herunterhängende Spanisches Moos macht das Ganze noch idyllischer und verträumter.

Das beschauliche Zentrum besticht mit seinem roten Backsteinpflaster und einfach süss aneinander gereihten Häuschen mit gusseisernen Balkone, Läden, Kino und Restaurants. Es war viel los, weil an dem Tag der College-Abschluss und Muttertag war. Wir sind durch die Strassen geschlendert, die Hauptstrasse entlang, übers College-Gelände und wieder zurück. Hier kann man sich nicht verlaufen.

Niedlich war der Stadtpark mit seinem Rosengarten und einem alten Bahnhof, der innen erstaunlich modern war. Insgesamt ist Winterpark echt ein Örtchen zum Entspannen und Erholen, vor allem wenn die Studenten weg sind. Auf dem Rückweg zum Auto haben wir noch Käffchen getrunken und Hot Dogs (Bierbratwurst) gegessen.

Und dann ging es zum eigentlichen Event an dem Tag: Mein erstes Fussballspiel im Stadion überhaupt…Orlando City gegen Atlanta United. Geparkt haben wir auf einer Wiese, auf die wir mit wehenden roten Flaggen gelotst wurden. Viele Afroamerikaner haben einfach mal ein Stück Wiese nahe des Stadions beansprucht und darauf Parkplätze für $10-20 „vermietet“, mit selbst gebastelten Schildchen und weniger seriösem, wenn auch professionellem Eindruck. Da aber auch fette Karren auf den Wiesen und Vorgärten standen, haben wir da halt bei einem Typen namens Paris geparkt, der meinte, er passe die ganze Nacht auf das Auto auf… Ich hatte etwas Bedenken, dass unser Auto danach noch da ist. Lukas hat sich keine Sorgen gemacht…

Mein Freund hatte Karten für Major League Soccer (MLS) über Stubhub für $22 besorgt, natürlich im Fanblock von Orlando City. Der ist ganz leicht an dem Meer aus Lila und Violett zu erkennen. In der Warteschlange kann das Fashion-Auge erkennen, dass man alles in Lila tragen kann, von Schuhen, Socken über Kilt, Ärmeltattoos, ganzen Anzug, Trikot bis Perücke, Einhornkappe oder lila Iro-Perücke. Die Fans geben hier alles, nicht nur optisch, und sind wirklich volle Kanne dabei, ihr Team zu unterstützen und die Gegner mit den wunderbarsten Schimpfwörtern auszubuhen. Lustig war, als sich der komplette Block verbal auf einen Atlanta-Fan stürzte, der im Trikot nahe der Fankurve Platz nahm. Er nahm es mit einem Lächeln, aber ich hab selten so viele Mittelfinger und Flüche gehört. Leider haben die alle durcheinander gebrüllt, sonst hätte ich vielleicht noch ne neue Vokabel lernen können, aber naja.

Mein erster Blick auf den Rasen und ich so: Der ist aber klein. Im Fernsehen sah das immer grösser für mich aus. Aber mein Freund versicherte mir, dass der Rasen hier nicht kleiner als in unseren Stadien ist. Ok. Es gab Anfeuerer oder Animateure, fette und viele Fahnen, und laut Lukas war die Stimmung wie bei einem grossen Bundesligaspiel, dabei war das Stadion viel kleiner (25.000) und zu 3/4 gefüllt. Nur so am Rande: Den Verein Orlando City gibt es erst sei 2010 und die spielen erst seit drei Jahren in der MLS… ne? Also alle Achtung an die Fans. Als es anfing, zu regnen, hat das keinem was ausgemacht. Die Fans brüllten verschiedene Lieder in Englisch und Spanisch, es wurde heftig geklatscht, im Takt mitgewackelt, gegen die heruntergeklappten Sitzbänke getreten, um anzufeuern, die Orlando-Spielzüge bejubelt oder gegnerische Aktionen verflucht. Egal, was gerade passierte, es war herrlich. Die Stimmung war ansteckend und hat echt Spass gemacht. 

Das eigentliche Spiel war so mittel. Das Niveau lag unter dem, was wir von der Bundesliga gewohnt sind, Orlando City spielte geht so, viele Pässe wurden verpatzt, nicht die Taktik geändert und auch bei Misserfolg immer wieder wiederholt. Aber für amerikanische Verhältnisse war das ein „Spitzenspiel“ zwischen dem Tabellenersten (Atlanta United) und Tabellendritten (Orlando City). Unterhaltsam war das Ganze durch die Fans, die echt gerockt haben. Damit gingen die 90 Minuten ratzfatz rum, die Halbzeit hat sich da gezogen wie Kaugummis. Insgesamt gab es ca. 5 gelbe Karten, wir haben irgendwann nicht mehr mitgezählt, aber viele waren für’s Motzen. Auch im Team von Orlando wurde sich gegenseitig ziemlich angemeckert…

Als ein Orlando-Tor fiel, flippte die lila Menge sprichwörtlich aus und die Animateure zündeten ihre lila Bengalos, die wohl in dem Block erlaubt/ toleriert sind. Die lila Rauchschwaden nebelten den ganzen Mittelblock ein, aber egal, die Menge tobte in dem Moment vor Freude. Es wurde links und rechts abgeklatscht, egal, mit wem, Hauptsache ausflippen vor Freude.

Allerdings liess mit der sinkenden Spielleistung von Orlando in der zweiten Halbzeit auch die Begeisterung der Fans nach, sehr zum Ärger der Animateure, die dann mit Eiswasser für erneute Stimmung sorgten. Aber es half alles nichts. Jeder Spieler hat am Ende zwar nochmal alles gegeben, doch es hat nicht gereicht: Endstand 2:1 für Atlanta United, eins davon war ein Elfmeter. Mein erster Eindruck vom Stadionfeeling: Der Hammer. Mach ich gern nochmal mit.

Die Fans mochten so manche Schirientscheidung nicht so…

Danach sind wir schnell zum Parkplatz gegangen, und was war? Kein Paris weit und breit, aber Auto war noch da. Puh, mit kratzender Stimme und rot geklatschten Händen sind wir im Stau glücklich auf die Autobahn in Richtung Hotel gejuckelt. 

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